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 Großmacht China

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AndyNguyen




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BeitragVerfasst am: 09.06.2010, 15:51    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Nun ist es aber auch chinesische Praxis, und augenscheinlich auch vietnamesische, pauschal die Unabhängigkeit jeder Quelle in Frage zu stellen, wenn diese Unangenehmes zu berichten hat.

Davon abgesehen, wenn die Quelle ein Opfer dieser Praxis ist, dann kann man nicht von dieser Quelle erwarten "unahängig" zu sein. Nun ergibt es aber leider überhaupt keinen Sinn, die Zeugenaussage eines Opfers, pauschal als unseriös abzustempeln, nur weil die Aussage des Opfers mit Subjektivitäten wie Groll oder Hass belastet ist. Ein Opfer auch noch als Lügner hinzustellen ist zynisch und unmenschlich.

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Courti
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BeitragVerfasst am: 09.06.2010, 16:35    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Naja, dieses in Frage stellen der serioesitaet findet doch ueberall statt.
Vor Gericht gibt es dann den - im idealfall unabhaengigen - Richter oder Gutachter,
der das dann glaubt oder eben nicht.
Aber woanders gibts sowas eben nicht.
Deswegen sollte man generell erstmal alles anzweifeln
und besonders vorsichtig mit sogenannten unabhaengigen oder serioesen Medien sein.
Auch Bilder koennen einen Artikel in einer Zeitung oder einem Magazin ziemlich Manipulieren.
Ich habe z.b. mal ein Foto einer verschleierten Aetztin auf einem Motorrad gesehen.
Diese fuhr wohl gerade irgendwo in einer staubigen Steinwueste zu einem Notfall oder so
(zumindest wurde mir gesagt, dass dieses Foto das darstellt)
In der Zeitschrift die dieses Foto dann abbildete wurde daraus dann der Selbstmordattentaeter,
der sich gleich in die Luft sprengt.

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AndyNguyen




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BeitragVerfasst am: 09.06.2010, 16:40    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Natürlich kann mit Bildern manipuliert werden. Argwohn ist ja auch nichts Aussergewöhnliches. Nur wollen wir wirklich annehmen, dass hunderte von Zeugenaussagen zu Vergewaltigungen und Sterilisationen in Tibet, wirklich alle aus der Propagandamaschine des Dalai Lama kommen? Das wäre mir dann doch etwas zu viel Argwohn.
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Courti
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BeitragVerfasst am: 09.06.2010, 16:49    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Das soll jeder selbst mit sich ausmachen,
trotzdem bleibt die grosse Frage welche Quelle wie serioes ist,
und wer das entscheidet.
Ich wollte eigentlich nur darauf hinaus,
dass es hier eben keinen Richter gibt,
der gerecht Recht spricht.
Und genau das ist das Problem.

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Cetan
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BeitragVerfasst am: 09.06.2010, 18:12    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

@ Cathrin:
Nur weil das tibetische Volk seine Freiheit und Unabhängigkeit von China zurück haben möchte und es - zugegebenermassen - auch einige "Hetzpropaganda" in dieser Hinsicht gibt, ist das noch lange kein Grund, den Wahrheitsgehalt tibetischer Presseberichte über Zwangssterilisationen bei tibetischen Frauen anzuzweifeln! Wenn sich hier mancher "China-Experte" oder "- Sympathisant" mal wirklich mit der chinesischen Geschichte - und zwar so, wie sie tatsächlich war und ist und nicht, wie sie von den zensierten Organen des chinesischen Staates chinafreundlich passend nach dem Motto "Wir wollen nur euer Gutes, und wenn ihr das nicht wollt, haben wir das Recht, es euch aufzuzwingen!" zurechtgedreht wird! - beschäftigt hätte, müsste er/sie zugeben, dass die chinesischen Machthaber und deren ausführende Organe schon immer über Leichen gegangen sind und zu grausamsten Mittel gegriffen haben, um anderen - auch in ihren eigenen Reihen - ihren Willen aufzuzwingen und ihre eigenen Interessen durchzusetzen. So und nicht anders ist es auch mit Tibet geschehen und geschieht es immer noch, und zwar ganz gleich, ob es da nun einen Dalai Lama im Exil gibt oder nicht (den es aber auch nicht mehr gäbe, wenn er nicht rechtzeitig aus Tibet geflohen wäre).
Warum müssen erst immer alle solche Berichte von einer Institution des Westens "belegt" werden, ehe jemand ihren Wahrheitsgehalt akzeptiert? Man frage gefälligst erst die Menschen, die es betrifft, denn diese müssen wohl am besten wissen, was mit ihnen geschieht, und zwar möglichst bevor sie "mundtot" gemacht werden (denn auch darin waren und sind die chinesischen Machthaber schon immer ganz gross - ganz gleich, ob es sich dabei nun um die chinesischen Kaiser oder die Machthaber unter der KP Chinas dreht).
Tibeter und Chinesen sind kulturell so weit voneinander entfernt wie man es sich nur vorstellen kann: Das einzige, was sie verbindet ist, dass es sich bei beiden um asiatische Völker handelt, aber das war es denn auch schon! Das Pech der Tibeter ist nur, dass ihr kleines Königreich an das grosse China angrenzte, womit es den Chinesen allein schon immer ein Dorn im Auge war, denn alles, was nicht gross genug war, um sich China notfalls erfolgreich entgegen zu stellen, "musste" man natürlich "einkassieren"! Ein überaus kindisches Verhalten, aber gegen Dummheit und Überheblichkeit ist auf dieser Welt nunmal kein Kraut gewachsen. Ein weiterer, beträchtlicher Unterschied: Die Tibeter haben schon immer "mit" der Natur gelebt; sie erinnern ethnisch eher an die indigenen Völker der südamerikanischen Andenregion als an ihre chinesischen Nachbarn, welche zudem gerade heute weit davon entfernt sind, mit der Natur in Einklang zu leben!
Doch zurück zum Kernpunkt: Bedarf es wirklich erst der Beweise von Institutionen wie Amnesty International (deren Arbeit ich persönlich sehr schätze), bevor man tibetischen Frauen glaubt, was mit ihnen geschehen ist ? Wie blind muss jemand sein wollen, der vor der Wahrheit die Augen verschliesst und solche Dinge als "exiltibetische Hetzpropaganda" abtut?

Cetan

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AndyNguyen




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BeitragVerfasst am: 09.06.2010, 18:57    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

@ cetan

Die Leugnung der eigenen Verbrechen ist international und folgt mehr oder weniger wiederkehrender Strukturen. Diese verlangen nach Beweisen, jeder Beweis wird dann als feindliche Propaganda verleumdet. Jede Presse, ausser die eigene, wird als abhängig und einseitig bezeichnet. Institutionen wie AI und andere sind vom Feind gesteuert und unterwandert.

Nach dieser Methode streiten einige Leute noch die Existenz von KZs auf deutschem Boden ab. Und in diesen Methoden unterscheiden sich die KPs der diversen Länder nicht von den Nazis, wenn auch ihre Motive unterschiedlich sein mögen.

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Cathrin
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BeitragVerfasst am: 09.06.2010, 18:58    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

@Cetan,

warum so aufgeregt? Deine Unterstellungen haettest du dir naemlich sparen koennen. Ich habe hier weder etwas angezweifelt, noch etwas als "exiltibetische Hetzpropaganda" abgetan. Ich habe lediglich nachgefragt. Das wird doch wohl noch erlaubt sein. Diese Art der Meinungsbildung habe ich uebrigens schon in der (deutschen) Schule gelernt.

Als vor gut zwei Jahren im Maerz 2008 die Tibeter in Lhasa chinesische Maedchen abschlachteten, gab es in meinem Blog eine Riesendiskussion mit pro und contra zur tibetischen Widerstandbewegung. Diese Diskussion verlief bis auf wenige Ausnahmen sehr sachlich. Warum ist diese Sachlichkeit hier eigentlich nicht moeglich? Deine einseitigen Hasstiraden gegen China auf Bildzeitungsniveau zeugen nicht nur von Unkenntnis der tibetischen und chinesischen Geschichte, sondern lassen mich auch zu dem Schluss kommen, dass du mangels Argumenten zu persoenlichen Angriffen uebergehst. Wahrlich keine gute Diskussionsgrundlage. Wo bitte habe ich hier irgendetwas als "exiltibetische Hetzpropaganda" bezeichnet?

Ueber eine Antwort freut sich
Cathrin

Die Menschen in Tibet werde ich uebrigens in zwei Monaten selbst fragen koennen.

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AndyNguyen




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BeitragVerfasst am: 09.06.2010, 19:04    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Zitat:
"Die Menschen in Tibet werde ich uebrigens in zwei Monaten selbst fragen koennen. "


Die Botschaft hört ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.

Goethe, glaube ich.

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Cathrin
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BeitragVerfasst am: 09.06.2010, 19:28    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Mit Goethe liegst du richtig. Aber warten wir erst mal ab, wie sich die Reise gestaltet. Mir wurde von einer Blogfreundin in Chengdu, wo ich vor zwei Jahren schon mal eine Woche war, ein Permitt versprochen, mit dem ich mich in ganz Tibet frei bewegen kann. Auf keinen Fall wird es aber so aetzend werden wie in Nordkorea.

In der DDR sagte man frueher wohl "Vitamin B" (Beziehungen) dazu. Ich weiss nicht, ob du diesen Ausdruck kennst. Den habe ich von meiner Mutter.

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Cetan
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BeitragVerfasst am: 09.06.2010, 20:16    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

@ Cathrin:
Ich rege mich gar nicht auf Smilie , sondern versuche hier lediglich eine Ist-Situation - nämlich die des von China wider jedes Völkerrecht besetzten Tibet - darzustellen. Und ich reagiere nunmal auch auf Dinge, die ich da "zwischen den Zeilen" lese. Was fragst du nach Beweisen zu Dingen, die bekannt sind und - falls dies nicht der Fall sein sollte - sich jeder an fünf Fingern selbst abzählen kann? Denn genau so sind die Dinge; da benötigt es keiner "Rechtfertigung" von mir. Du kannst mir glauben: Ich habe mein Wissen und meine praktischen Erfahrungen zum Thema Menschenrechtsverletzungen und diese Erfahrungen reichen vom "einfachen" Drangsalieren und Schikanieren bis hin zum eiskalten, von "oben" angeordneten Mord an bestimmten, "unbequemen" Einzelpersonen und Volksgruppen! Ich streite gar nicht ab, dass es auch Gewaltauschreitungen seitens der Tibeter gegen einzelne Teile der chinesischen Bevölkerung gab und gibt, und es ist traurig, wenn dabei unschuldige Menschen misshandelt oder getötet werden. Aber all diese Dinge würden nicht passieren, wenn sich China nicht ständig und völlig grössenwahnsinnig jede Dreistigkeit erlauben würde! Da bekommt der Schrei nach Ungerechtigkeit von chinesischer Seite einen sehr fahlen Beigeschmack, findest du nicht auch? Und, sage mir doch bitte und unter Weglassen allen politisch orientierten Idealismusses: Was bleibt dann noch an China, was man bewundern könnte?
Die grossartige alte Kultur: Das war einmal! Man kann es bewundern, aber man sollte ein Volk und seine Menschen nach seinen Taten in der Gegenwart messen.
Den Wirtschaftsboom: Der war vorauszusehen, doch er bringt den ohnehin schon Mächtigen und Reichen nur noch mehr Macht und Reichtum, den Armen noch mehr Armut und dem Land in vielen Regionen Umweltkatastrophen grössten Ausmasses.
Das Regime: Das tritt, weil total verkorkst wie alle, die politisch-ideologische Scheuklappen angelegt haben, seit Jahrzehnten kontinuierlich auf der Stelle.
Hasstiraden meinerseits auf Bildzeitungsniveau: Weit gefehlt, sondern nur die Erkenntnisses eines Menschen, der hinter die Kulissen schaut und sich nicht scheut, das Kind auch offen beim Namen zu nennen. Smilie

Cetan

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Courti
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BeitragVerfasst am: 10.06.2010, 06:31    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Zitat:
und zwar möglichst bevor sie "mundtot" gemacht werden

Dazu kann ich auch mal wieder was beitragen:
Ich hatte mal mit meinem chinesischen Geschichtslehrer (in China) eine Diskussion über die Opposition in China.
Der erklärte es dann einfach und schön:
Wenn die KP merkt, dass eine Gruppe zu viele Anhänger findet,
so setzt man sich zusammen an einen Tisch
und dann macht die Partei dieser Gruppe ein "Angebot"
und man einigt sich.
Danach schliesst sich diese Gruppe der KP an.

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AndyNguyen




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BeitragVerfasst am: 10.06.2010, 07:16    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Zitat:
In der DDR sagte man frueher wohl "Vitamin B" (Beziehungen) dazu. Ich weiss nicht, ob du diesen Ausdruck kennst. Den habe ich von meiner Mutter.


Es mag für Dich beruhigend sein zu wissen, dass dies auch im heutigen Gesamtdeutschland zur Grundausstattung gehört. Im englischen Sprachraum verschieben den Buchstaben ein bisserl:

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Cathrin
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BeitragVerfasst am: 13.06.2010, 10:45    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

« Cetan » hat folgendes geschrieben:
nur die Erkenntnisses eines Menschen, der hinter die Kulissen schaut


Es tut mir leid, aber selbst nach mehrmaligem Lesen deiner Beitraege erschliesst sich mir nicht wirklich, wo du hier "hinter die Kulissen" schaust. Das genaue Gegenteil ist doch der Fall. Du bringst einfach nur die undifferenzierte antichinesische Propaganda, wie sie in den Mainstreammedien seit Jahr und Tag ueblich ist. Fuer mich dagegen ist der interessanteste Teil einer solchen Diskussion aber, auch mal "hinter die Kulissen" eben dieser, ich sags mal mit deinen eigenen Worten, auf politisch-ideologischen Scheuklappen beruhenden westlichen Propaganda zu blicken.

Tibet kam aus einem klerikal-feudalen System. Der Reichtum gehoerte den Kloestern und den Moenchen. Vor dem Einmarsch der Chinesischen Volksbefreiungsarmee war Tibet eines der letzten Laender auf der Erde, dessen Wirtschaft noch wesentlich auf Leibeigenschaft und Sklaverei beruhte. Die durchschnittliche Lebenserwartung betrug 35 Jahre, die Kindersterblichkeit 43 Prozent. Es gab eine grosse Anzahl von Moenchen, die nicht arbeiteten und von Tributen statt von Spenden ein Luxusleben fuehrten. Als dann hinter vielen Kloestern Ackerfelder angelegt wurden, damit die Moenche sich selbst versorgen konnten, wurde das international als "Zerstoerung der Klosteranlagen" kritisiert. Und wenn dann gerade die Moenche auf die Strasse gehen und die Rueckkehr des "Gottestaates" fordern, bekommt die Sache doch fuer mich einen recht seltsamen Beigeschmack.

Ende 1959 hatte China knapp 700 Millionen Einwohner, heute sind es mehr als 1,3 Milliarden. In den 50er und 60er Jahren gab es noch Hungersnoete in China, heute gibt es die Gefahr einer solchen Not nicht. Die Armut vieler Menschen, die Spuren des Weges aus dem Feudalismus sind dennoch bis heute nicht zu uebersehen. Aber selbst wenn mir die rapide wachsenden Staedte mit ihren 200-Meter-Hochhaeusern nicht unbedingt gefallen – von gewaltiger Investitionskraft zeugen sie schon. China hat sich gewandelt und ist weiter im Wandel begriffen. Das Land blickt nach vorne, in eine Zukunft, in der man sich als Grossmacht, im militaerischen, diplomatischen und wirtschaftlichen, sieht.

Die ersten 30 Jahre der Volksrepublik waren bestimmt von der Ueberwindung des Feudalismus, der Freundschaft mit der Sowjetunion folgten die Abgrenzung und die zeitweilige Annaeherung an die USA. Von der Missachtung der Intelligenz bis zur physischen Vernichtung und Zerstoerung von Kulturguetern – die Kulturrevolution hat schlimme Bilder hinterlassen.

1978/79 begann jedoch eine Entwicklung, die unvergleichlich ist, nicht nur mit frueheren Etappen der 5000-jaehrigen Geschichte Chinas, sondern auch mit der Entwicklung anderer Regionen. Ueber bald 30 Jahre liegen die Wachstumsraten der Wirtschaft um die zehn Prozent. Natuerlich reicht Wachstum allein nicht, um eine allseitig angemessene Entwicklung der Gesellschaft zu sichern. Da spielen Innovationen, Ressourcenverbrauch, Umweltpolitik, Bildungs- und Gesundheitswesen eine Rolle. Solche Herausforderungen wachsen nun auf einem hoeheren Niveau und in einem Tempo wie noch nie.

Die KP Chinas hat die maoistische Theorie von der permanenten Revolution und vom staendigen inneren Klassenkampf aufgegeben und sich auf Reformen in einer sozialistischen Gesellschaft orientiert. Wie weit die unterschiedlichen Formen staatlichen und gesellschaftlichen Eigentums den Drang nach privatwirtschaftlichem Eigentum in notwendigen Schranken halten, wird sich zeigen muessen. Und das Einparteiensystem, fuer das die KP Chinas steht, sollte fuer die Zukunft selbstverstaendlich auf eine breitere Einbeziehung der demokratischen Kraefte der Gesellschaft ausgerichtet sein.

Die KP Chinas setzt andere Zeithorizonte als etwa die SED einst. Bis zum 100. Jahrestag der KPCh im Jahre 2021 soll eine Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand errichtet werden, zum 100. Jahrestag der Volksrepublik 2049 soll das Prokopf-Bruttoinlandsprodukt das Niveau der Laender mit mittlerem Entwicklungsstand erreichen. Das mag bescheiden klingen, tatsaechlich aber enthalten solche Ziele die groessten Herausforderungen, die sich eine Partei in dieser Welt stellt.

Die KP Chinas hat immer eigene Wege in Theorie und Praxis gesucht. Sie hat dabei, wie sie selbst einschaetzt, Fehler und Fortschritte gemacht. Ueber Mao wird gesagt, seine Leistungen und Bestrebungen seien zum Teil positiv, zum Teil grundlegend falsch gewesen. Von Bedeutung bleibt, dass mit seiner Person der Wiedergewinn nationaler Selbstachtung verbunden ist. Heute heißt es, die Partei sei Fuehrungskern beim Aufbau des Sozialismus chinesischer Praegung. Damit ist auch gesagt: Wir sind kein Modell für andere und andere sind keins für uns.

Die chinesische Seite verschliesst sich sachlichen Debatten über kritische Fragen nicht. Sie erkennt nach meinen Eindruecken auch, dass selbst gewaltige Aufwendungen für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung in den Regionen der nationalen Minderheiten nicht alle Probleme loesen. Aber der Blick allein auf Defizite und Probleme ergibt kein Bild der Volksrepublik China. Wer die andere Dimension von Entwicklung, die hier vor sich geht, nicht begreift und achtet, wird hinter den Erfordernissen des Zusammenlebens auf dieser Erde weit zurueckbleiben.

Viele Gruesse
Cathrin

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Micha L






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BeitragVerfasst am: 13.06.2010, 14:18    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Hallo Cathrin,

die Wirklichkeit ist auch hier komlizierter als das was offiziell behauptet wird.
Die Argumente kenne ich genauestens aus der Peking-Rundschau. Es sind die Argumente des Agressors, dem Mißstände nur als Vorwand dienten.
Genauso wurden die Einmärsche in den Irak und Afghanistan scheinheilig begründet.
Tatsächlich ging es nirgendwo um die Befreiung von Unterdrückten.
Das zeigt sich auch daran, daß es in Tibet keine dankbaren "Befreiten" gibt, stattdessen Widerstand gegen die Sinisierung.
Eine tatsächliche Befreiung ist mit einer positiven Minderheitenpolitik verbunden.
Stattdessen ging mit der Abschaffung feudaler Strukturen die Zerstörung von Kulturgütern und ethischer Vorstellungen einher.
Hinter der ganzen Sache steckt das alte aus der Kaiserzeit übernommene imperiale Denken.

Deine Ausführungen entsprechen im Wesentlichen oder gar gänzlich offiziellen chinesischen Verlautbarungen.
Eine Strategie dabei ist, stets das feudale Erbe zu bemühen um sich selbst gut darzustellen.
Hungersnöte und Armut z. B. wurden durch mehrere gesellschaftliche Experimente Maos (Großer Sprung, Kulturrevolution) künstlich erzeugt und sind keine Spätwirkungen des Feudalismus. Aber selbst in diesen schlimmen Zeiten wurde die angebliche Überwindung des früheren Elends probagiert und die gerade aktuellen Katastrophen vertuscht.

Die zeitweilige Zusammenarbeit mit der Sowjetunion war eher von Rivalität bestimmt und die probagierte Freundschaft eine Floskel.
Mao und Stalin haben sich von Anfang an mißtraut. (schon vor der Gründung der VR, siehe sehr detailliert im Augenzeugenbericht PP. Wladimirow, "Das Sondergebiet Chinas", der erlebte, wie die späteren Ereignisse in der VR als "Generalprobe" abliefen).

Was soll man von Planungen bis 2049 angesichts der heutigen Globalisierung halten, wo Ereignisse in allen Weltgegenden weltweit wirken? Da weiß man nicht, was morgen passiert.
Kennst Du "China in der Modernisierungsfalle" von Quinglian He?
Eine detaillierte gesellschaftliche und ökonomische Analyse, die man kennen sollte, nicht nur die offiziellen chinesischen Verlautbarungen.

http://www.amazon.de/China-Modernisierungsfalle-Qinglian-He/dp/3936096686/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1276434622&sr=8-1

Gruß

Micha

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Micha L






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BeitragVerfasst am: 13.06.2010, 17:20    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Noch ein Gedanke zur Überführung Chinas in die Moderne und die Rolle, welche die KP dabei spielte.
Es wird ja gesagt, daß Mao China trotz aller Fehler zu neuer Bedeutung führte.
Anders gesehen könnte man auch sagen, das gelang trotz der Politik Maos.

Tschiang Kai-schek (in der aktuellen Umschrift Jiang Jieshi) und seine Kuomintang haben Gemeinsamkeiten mit der KP, sie waren bekanntlich zetweise verbündet.
Beide berufen sich auf Sun Yatsen, der selbst Lenin verehrte und seine Partei nach russischem Vorbild nationaldemokratisch modifiziert aufbaute. Der Personenkult um Tschiang Kai-schek ist dem um Mao nicht unähnlich.
Die Kuomintang hatte ein modernes China zum Ziel, setzte ihr Programm auf Taiwan äußerst erfolgreich um (soziale Unruhen scheinen dort unbekannt zu sein) und mittlerweile unterscheidet sich die KP mit ihrer neuen Wirtschaftspolitik kaum noch von ihrer ehemaligen Rivalin.
Nur hat die KP auf Grund der destruktiven und chaotischen gesellschaftlichen Experimente Maos 40 Jahre verloren. Der furiose Aufschwung seit den 80ern wäre früher möglich gewesen.
Deswegen ist die Annahme berechtigt, daß China ohne die Machtübernahme der KP heute weiter wäre. Auch Mao war auf ein Bündnis mit den USA aus. Tschiang Kai-schek war bekanntlich ein Bündnispartner der Amerikaner, welche sich nach dessen Niederlage auf Japan konzentrierten. Den erfolgreichen Weg Japans wäre China auch gegangen. Es hätte auf Grund seiner Lage und Größe sogar Priorität genossen. Die Kuomimtang ist eine nationalistische Partei und hätte sich gegenüber den USA bestimmt ebenso durchgesetzt wie das heutige Japan.
Sozialer als auf Taiwan geht es auf dem Festland nicht zu. Der "Sozialismus chinesischer Prägung" ist nur noch eine leere Worthülse, die einen von der KP kontrollierten, ansonsten ungezügelten nationalen Kapitalismus legitimieren soll (der im Prinzip dem Gesellschaftsmodell der Kuomintang entspricht).

Gruß

Micha

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