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 Kann Heiratsvisum abgelehnt werden?

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holger6675






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BeitragVerfasst am: 02.04.2004, 16:20    Kann Heiratsvisum abgelehnt werden? Antworten mit ZitatNach oben

« hien » hat folgendes geschrieben:
Über die Ausländerbehörde würde ich mir keine Gedanken machen, weil sie einem Visum zustimmen muss, wenn die erforderlichen Unterlagen vorliegen.


Das ist leider nicht richtig. Sie muss dem Visum nicht zustimmen, da kein Rechtsanspruch auf ein solches Visum besteht Geschockt . Auch für Deutsche nicht.
Artikel 6 des Grundgesetztes gilt nur für verheiratete. Nicht für diese die es noch machen wollen. Die ABH kann argumentieren das er auch nach VN kann um zu heiraten. Also verhindern sie das Heiraten auch nicht.

Ich wollte es auch nicht glauben . Aber in einem anderen Forum gab es genau so einen Fall. Da hat er auch das Visum zur Hochzeit nicht bekommen obwohl alle Unterlagen geprüft wurden und die Anmeldung zur Eheschliessung vorlag. Bei ihm wurde auch vorher ein Tourivisum abgelehnt.

Also verscherz es dir mit deiner ABH nicht. Die brauchst du auf jeden Fall noch. Und leider dürfen die sich aufführen wie die Herrenmenschen.

Gruß
Holger

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HHFux
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BeitragVerfasst am: 03.04.2004, 10:05    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Hallo Holger,

ich halte es für verfassungsrechtlich höchst fragwürdig, wenn die ABH ein Visum zwecks Eheschließung verweigert. Es handelt sich dabei um eine Verletzung des Grundgesetzes, des EG-Vertrages und vermutlich noch weiterer supranationaler Bestimmungen. Als deutscher Staatsbürger muß es mir stets möglich sein, in Deutschland zu heiraten.

Ich habe von so etwas auch noch nicht gehört. Hast Du da mal präzisere Infos?

Gruß
HHFux

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holger6675






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BeitragVerfasst am: 03.04.2004, 11:56    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Dann guck mal hier bei info4alien.de nach. http://f7.parsimony.net/cgi-bin/archiv-view.cgi?Nummer=9936&Seite=223

Unter der Rubrik : Eheschließungsvisum mit Algerier abgelehnt, was kann ich tun?.

Da siehst du das ich es auch nicht glauben konnte.
Ich denke aber auch das dies keiner Gerichtlichen ürberprüfung standhalten würde. Aber wenn man erst mal diesen Ärger hat ist es schon problematisch. Und sicher auch kosten und Zeit intensiv.

Gruß
Holger

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hien
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BeitragVerfasst am: 03.04.2004, 20:55    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Ich denke aber, dass Oliver trotzdem keine Probleme mit der ABH bekommt, wenn er umzieht, da er ja bis jetzt noch nichts mit der ABH zu tun hatte, oder?
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HHFux
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BeitragVerfasst am: 12.04.2004, 11:20    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

@holger6675: Habe mir mal die Argumentation unter dem von Dir angegebenen Link durchgelesen. Die ausländerrechtliche Seite mag ja stimmen, jedoch steht im Grundgesetz
Zitat:
Artikel 6

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

Der Doc schreibt dann weiter, daß Art. 6 GG angeblich nicht für eine beabsichtigte Eheschließung (Gründung einer Familie) gelten würde, ohne dies weiter auszuführen. Einer so wörtlichen Auslegung mag ich nicht folgen und ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Richter das so sehen würde.

Im Übrigen heißt es in der Europäischen Menschenrechtskonvention:
Zitat:
Artikel 12
Recht auf Eheschließung

Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen.

... und dann gibt es noch Artikel 12 des EG-Vertrages:
Zitat:
Artikel 12
(ex-Art. 6)

Unbeschadet besonderer Bestimmungen dieses Vertrags ist in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.

... da möchte ich 'mal eine schlüssige Gegenargumentation sehen. Mr. Green

Gruß
HHFux

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Ronny
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BeitragVerfasst am: 30.10.2004, 08:46    Verweigerung Eheschließungsvisum Antworten mit ZitatNach oben

Zitat:
Im Übrigen heißt es in der Europäischen Menschenrechtskonvention:
Zitat:
Artikel 12
Recht auf Eheschließung

Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen.


Hallo HHFux,

ich kenne die Argumentation zu dem Art. 6 GG, welcher sich in der Tat nur auf eine bestehende Ehe, derzeit noch nicht mal auf eine bestehende Lebenspartnerschaft, anwenden läßt. Ehe im Sinne des Art. 6 GG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genau das was die Väter und Mütter des Grundgesetzes 1949 darunter verstanden.

Und der Art. 12 MRK hat in sich selbst ja bereits den Gesetzesvorbehalt
enthalten (nach den innerstaatlichen Gesetzen), sodass auch daraus kein Recht abzuleiten ist ein Eheschließungsvisum zu bekommen.

In solchen Fällen wie dem Ausgangsfall hilft in der Tat nur die Eheschlieung im Ausland mit dem dann aus Art. 6 GG abzuleitenden Anspruch auf Familienzusammenführung.

Art. 12 des EG- Vertrages halte ich für nicht anwendbar, weil eine Diskriminierung , die sich auf eine bestimmte Staatsangehörigkeit beziehen würde, nicht vorliegt.

Viele Grüße
Ronny

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HHFux
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BeitragVerfasst am: 30.10.2004, 21:26    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Hallo Ronny,

für mich ist das bislang keine schlüssige Gegenargumentation:

Zitat:
Ehe im Sinne des Art. 6 GG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genau das was die Väter und Mütter des Grundgesetzes 1949 darunter verstanden.

Gibt's irgendwelche Urteile des Bundesverfassungsgerichtes, die besagen, daß das Recht auf Eheschließung nicht unter den Schutz des Art. 6 GG fallen würde?! Wäre widersinnig, denn ohne Eheschließung auch keine Ehe.

Zitat:
Und der Art. 12 MRK hat in sich selbst ja bereits den Gesetzesvorbehalt enthalten (nach den innerstaatlichen Gesetzen), sodass auch daraus kein Recht abzuleiten ist ein Eheschließungsvisum zu bekommen.

Das sehe ich anders. "Nach den innerstaatlichen Gesetzen" bedeutet ja nicht "nachrangig zu innerstaatlichen Gesetzen", sondern nur, daß die Details durch innerstaatliche Gesetze geregelt werden sollen. (Wenn ein "innerstaatliches Gesetz" einfach so über der MRK stehen würde, wäre die ganze MRK nichts wert.)

Ich denke schon, daß es eine Verletzung der Menschenrechtskonvention ist, wenn dem/der Verlobten die Einreise zur Eheschließung verweigert wird. Ein Verweis darauf, daß man seine Menschenrechte ja ggf. im Ausland wahrnehmen könne, wäre ein Witz und würde die ganze MRK ad absurdum führen...

Zitat:
Art. 12 des EG- Vertrages halte ich für nicht anwendbar, weil eine Diskriminierung , die sich auf eine bestimmte Staatsangehörigkeit beziehen würde, nicht vorliegt.

Die Diskriminierung muß sich ja nicht auf eine bestimmte Staatsangehörigkeit beziehen, sodern "aus Gründen der Staatsangehörigkeit".

Hierzu folgender Vergleich: Wenn ein Israeli und eine Deutsche in Deutschland heiraten wollen geht das so: Israeli setzt sich ins Flugzeug, Taxi zum Standesamt. Anschließend Taxi zur ABH und Antrag auf Aufenthaltserlaubnis stellen. Und einem Vietnamesen soll das (ohnehin langwierig zu beantragende) Heiratsvisum einfach so verweigert werden können? Ohne daß es eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit sein soll?

Ich glaube nicht, daß das der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das so sehen würde (denn dieser wacht über die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention).

Gruß
HHFux

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garfield2008
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BeitragVerfasst am: 31.10.2004, 11:30    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

« HHFux » hat folgendes geschrieben:

Die Diskriminierung muß sich ja nicht auf eine bestimmte Staatsangehörigkeit beziehen, sodern "aus Gründen der Staatsangehörigkeit".


Es findet ja keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit statt, wenn die normalen Visabestimmungen angewandt werden. Das es zwischenstaatliche Abkommen, die Europäische Union und das Schengener Abkommen gibt, die das Verfahren für die enstprechenden Länder vereinfacht mag zwar für nicht bevorzugte diskiminierent erscheinen, aber vielleicht sollte dann der entsprechende Staat Voraussetzungen schaffen, das es auch die Möglichkeit für ein zwischenstaatliches Abkommen gibt.

Das Beispiel mit der Hochzeit kann man in dieser Form auch nicht gelten lassen, in Deutschland können nur zwei deutsche Staatsbürger so einfach zum Standesamt gehen und kurzentschlossen heiraten. Übrigens muss zwischen der Anmeldung zur Eheschliesung und der selben ein Tag liegen. Sobald ein Ausländer (auch eingebürgert) beteiligt ist, wird ein Ehefähigkeitszeugniss benötigt, b.z.w. muss man sich vom OLG davon befreien lassen. Übrigens haben bei einer Heirat in Deutschland gerade USA Bürger (abhängig davon, aus welchen Bundesstaat sie sind) massive Probleme, die geforderten Papiere vorzulegen.

mfg
Thomas Böttcher

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Die Tragik des 20. Jahrhunderts liegt darin, daß es nicht möglich war, die Theorien von Karl Marx zuerst an Mäusen auszuprobieren.(Stanislaw Lem)

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Ronny
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BeitragVerfasst am: 31.10.2004, 12:24    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Zitat:
(Wenn ein "innerstaatliches Gesetz" einfach so über der MRK stehen würde, wäre die ganze MRK nichts wert.)


Hallo HHFux,

die innerstaatlichen Gesetze stehen ja nicht "über" der MRK, sondern regeln, wie ein aus der MRK abzuleitender Anspruch im innerstaatlichen Recht realisiert werden kann. Jeder Unterzeichnerstaat hat im übrigen genau solche "Anwendungsvorbehalte" in seinen Protokollnotizen festgeschrieben.

Zitat:
Gibt's irgendwelche Urteile des Bundesverfassungsgerichtes, die besagen, daß das Recht auf Eheschließung nicht unter den Schutz des Art. 6 GG fallen würde?!


Nein, es gibt im übrigen auch sehr wenige Entscheidungen des BVerfG zu der Ehe an sich. Mir ist nur eine bekannt, die seinerzeit im Zusammenhang mit der Diskussion über gleichgeschlechtliche Eheschließungen (Mitte der 90er Jahre) wieder auf den Tisch kam. Das ist die einzige mir bekannte Legaldefinition der Ehe im Sinne des Art. 6 GG.

Der besondere Schutz des Art.6 GG kann m.E. aber erst nach der Eheschließung in Anspruch genommen werden, weil vorher die zu schützende Institution nicht existiert. Demzufolge besteht im deutschen Ausländerrecht auch lediglich ein Anspruch auf Familienzusammenführung, wohingegen ein Anspruch auf Erteilung des Eheschließungsvisums nicht gegeben ist, sondern im Wege des Ermessens entschieden wird.

Folgte ich Deiner Argumentation, dass bereits die Eheschließungsfreiheit unter dem Schutz des Art. 6 stünde, wären alle Eheverbote des deutschen Eheschließungsrechts verfassungswidrig, weil diese Schranken nicht den gleichen Rang genießen könnten wie ein Grundrecht. Damit könnten Minderjährige Art. 6 für sich in Anspruch nehmen, oder Mehrehen ermöglicht werden etc..

Zur Diskriminierung schließe ich mich Thomas an, denn eine solch läge nur vor, wenn wissentlich eine bestimmte Staatsangehörigkeit betroffen wäre, wenn also von einem Verbot Angehörige bestimmter Staaten betroffen wären.

Viele Grüße
Ronny

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t_hoering






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BeitragVerfasst am: 31.10.2004, 14:54    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Zu Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) schon sehr oft Stellung bezogen, wenn mir auch gerade keine Entscheidung zur Eheschließung durch Ausländer einfällt.

Die Eheschließungsfreiheit ist sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur geschützt. Rechtshistorisch ist das wohl damit zu erklären, dass frühere Zeiten überwunden werden sollten, wo die Familien an den Eheschließungen beteiligt waren oder (noch 4 Jahre vor dem GG) Ehen mit Angehörigen einer bestimmten Religion nicht eingegangen werden durften. Nebenbei: Unter 16jährige können schon deshalb in ihrem Grundrecht nicht verletzt sein, weil ihnen die Grundrechtsmündigkeit für dieses Grundrecht fehlt. Die Bigamie ist in Deutschland verboten, weil gerade die unserem Verständnis entsprechende Ehe geschützt ist, und das ist die monogame. Art. 6 Abs. 1 GG ist auch kein Deutschengrundrecht, steht also auch Ausländern zu.

Ziemlich uneinheitlich ist die Rechtsprechung aus Karlsruhe, wenn es um die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für Ausländer geht, deren Ehepartner in Deutschland lebt. So hat das BVerfG betont, Art. 6 Abs. 1 GG gebe gerade keinen Anspruch auf Aufenthalt / Nachzug. Einige Autoren gehen soweit, einen Eingriff ins Grundrecht nur dann anzunehmen, wenn dem in Deutschland Lebenden ein Umzug zu seinem Ehepartner nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Andererseits fällt in der Rechtsprechung der letzten 20 Jahre auf, dass das BVerfG sehr oft Aufenthaltserlaubnisse gerade bei binationalen Ehen verlangt hat. Wenn sich die ehelichen Lebensverhältnisse gerade hier in Deutschland verfestigt haben, scheint Karlsruhe den Umzug also regelmäßig für unzumutbar zu halten, am ehesten dann, wenn wenigstens einer der Partner Deutscher ist. Im neuen Aufenthaltsgesetz ist sogar zu finden, dass die Vorschriften über Familiennachzug gerade der Verwirklichung des Art. 6 Abs. 1 GG dienten. Da befleißigt sich der einfache Gesetzgeber, seine Regelung zu zementieren, die so von Karlsruhe nie gefordert wurde.

Auch wenn die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zwecks Eheschließung somit Ermessensentscheidung bleibt, rechtfertigt dies nach dem Gesetz (allen Erfahrungen hier im Forum zum Trotz) keine Willkür. Ermessen kann eingeschränkt und bis auf Null reduziert werden - insbesondere durch verfassungsrechtliche Vorgaben. Und so wird das begehrte "Heiratsvisum" im Regelfall gerade wegen Art. 6 Abs. 1 GG zu gewähren sein.

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Ronny
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BeitragVerfasst am: 01.11.2004, 11:45    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Zitat:
Zu Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) schon sehr oft Stellung bezogen, wenn mir auch gerade keine Entscheidung zur Eheschließung durch Ausländer einfällt.


Hallo,

die Rechtsprechung zur Eheschließungsfreiheit und Art. 6 GG hat sich nach den mir bislang bekanntgewordenen Entscheidungen fast ausschließlich mit Eheverboten des deutschen Adels befaßt, jedenfalls ist zur Eheschließungsfreiheit im Hinblick auf Visa-Erteilung nichts zu finden.

Zitat:
Einige Autoren gehen soweit, einen Eingriff ins Grundrecht nur dann anzunehmen, wenn dem in Deutschland Lebenden ein Umzug zu seinem Ehepartner nicht möglich oder nicht zumutbar sei.


Wenn die Meinung bereits zu bestehenden Ehen existiert, kann sie doch erst recht für noch nicht bestehende als vorherrschend angesehen werden, jedenfalls läßt sich daraus nicht das Gegenteil ableiten.


Ronny

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t_hoering






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BeitragVerfasst am: 01.11.2004, 23:23    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Hallo Ronny,

ich will dich wirklich nicht überzeugen. Schließlich kann im Moment niemand wissen, wie das BVerfG diese Frage entscheiden würde.

Aber wenn es, und hier rückst du ja auch von deiner vorher vertretenen Auffassung ab, die Eheschließungsfreiheit als verfassungsrechtlich geschützt ansieht, müsste es wohl eine ähnliche Linie fahren wie bei bestehenden Ehen. Generell kein Aufenthaltsrecht, aber in fast jedem entschiedenen Einzelfall dann doch. Und sollte es wirklich zumutbar sein, einen Deutschen auf eine Eheschließung in Vietnam zu verweisen, wenn diese - wie ein paralleler Eintrag in diesem Forum zeigt - meist nur mit Bestechungsgeldern möglich ist? Das hieße, jemanden auf einen nach deutschem Strafrecht sogar dann verbotenen Weg zu verweisen, wenn der Tatort in Vietnam liegt. Ich habe bei der Staatsanwaltschaft früher mal Amtsdelikte (einschließlich Korruption) bearbeitet. Bei der Vorstellung streuben sich mir die Haare. Auch dürfte der Umstand, dass sich Vietnam noch "sozialistisch" nennt, für genügend Vorurteile sorgen, als dass man deutsche Bürger denen wirlich "ausliefern" mag. Sorry, wenn ich abschweife, aber mir fällt da gerade ein Gespräch mit einem Justizministerialbeamten ein, der Vietnam und Nordkorea nicht auseinerhalten konnte:-)

Warum Karlsruhe so Verwirrung stiftet, ist nicht leicht zu sagen. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass Art. 6 Abs. 1 GG schrankenlos gewährt wird und man deshalb lieber gleich den Schutzbereich einschränkt. Vielleicht hat es auch etwas damit zu tun, dass sich aus der Vorschrift weder eine Unterscheidung zwischen Ehe und Familie noch zwischen binationalen und rein ausländischen Ehen rechtfertigen ließe. Die Verfassungsrichter möchten aber gerade diese Unterscheidung. Sie sind deutlich liberaler, wenn es um den Aufenthalt für einen Ausländer geht, der mit einem Deutschen verheiratet ist. Höhere Hürden stellen die Richter auf, wenn beide Ehepartner Ausländer sind. Auch will man verhindern, dass durch eine zum Schutz als Familie führende Volljährigenadoption das ganze Ausländerrecht unterlaufen wird. Für Ehen mit einem Deutschen jedenfalls gibt es kaum Fälle, in denen kein Aufenthaltsrecht gewährt wurde. Vielleicht hielt das Gericht es auch einfach nicht für nötig, sich weiter aus dem Fenster zu lehnen, sind die Voraussetzungen des Ehegattennachzugs doch ohnehin im Ausländergesetz geregelt und als Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ausgestaltet.

Im Übrigen ist es eben nicht erforderlich, dass ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Erteilung des Visums besteht. Schon der Umstand, dass verfassungsrechtliche Schutzgüter (Grundrechte) betroffen sind, erhöht jedenfalls die Anforderungen an eine ermessensfehlerfreie Begründung für eine Visumsablehnung.

Unabhängig von der (wohl eher theoretischen) verfassungsrechtlichen Fragestellung wird sich aber sicherlich auch in Zukunft die praktisch bedeutsame Frage nach einer Scheinehe stellen, die aufhebbar wäre und bei welcher der Standesbeamte die Mitwirkung verweigern müsste. Dass sie magels Absicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft nicht den Vorstellungen des Grundgesetzes entspricht und deshalb auch nicht durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützt sein kann, wird wohl allgemein angenommen. Und wenn man sich die Praxis des Auswärtigen Amtes anschaut, ist es wohl vor allem diieser Grund, der zur Ablehnung führt. So war es wohl auch in dem diesem Thread zugrundeliegenden Fall aus Algerien.

Viele Grüße

Tobias

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Ronny
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Anmeldungsdatum: 21.10.2004
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BeitragVerfasst am: 02.11.2004, 08:12    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Zitat:
ich will dich wirklich nicht überzeugen. Schließlich kann im Moment niemand wissen, wie das BVerfG diese Frage entscheiden würde.


Hallo Tobias,

das liegt mir auch fern, aber ich halte halt an der Unterscheidung fest, dass ein Anspruch auf Erteilung eines Eheschließungsvisum im Gegensatz zu der Familienzusammenführung nicht besteht. Und diese Unterscheidung ist zwar einfachgesetzlich im Ausländerrecht geregelt, aber wenn sie gegen Art. 6 GG verstieße, wäre sicherlich bereits jemand "auf den Trichter" gekommen, hiergegen das Verfassungsgericht anzurufen.

Insgesamt sähe ich es aus Gründen der Rechtssicherheit immer lieber, wenn eine Eheschließung in Deutschland stattfände. Dass gerade bei Vietnam die Probleme bestehen und häufig auf Dänemark ausgewichen wird, liegt wohl an den von Dir geschilderten Verhältnissen und dem unzuverlässigen Urkundenwesen wie Du und einige user hier ja bestätigst.

Motivation des deutschen Staates müßte es m.E. sein, durch internationale Einflußnahme auf die sog. Problemstaaten zu gewährleisten, dass die unbefriedigende Praxis schleunigst verbessert wird. Ich habe dienstlich massiv Probleme mit der Gefahr von Straftaten im Amt, in welche sich "meine" nachgeordneten Standesbeamten bei fahrlässigem Umgang mit ausländischen Urkunden begeben. Gerade letzte Woche hat das im Extremfall zu einer Verurteilung (ein Jahr auf Bewährung) geführt.

Deswegen verfolge ich die gesamte Problematik um den Art. 6 GG zunehmend kritischer. Manchmal wünschte ich mir die Abschaffung Winken

Viele Grüße

Ronny

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t_hoering






Anmeldungsdatum: 26.12.2003
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BeitragVerfasst am: 02.11.2004, 13:22    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Hallo Ronny,

den meisten Forenteilnehmern eröffnet sich gerade eine neue Welt: Standesbeamte, die nicht aus Borniertheit und um die Leute zu schikanieren die Echtheit von Urkunden durch das Konsulat und dessen Vertrauensanwälte überprüfen lassen, sondern aus Angst vor dienst- oder strafrechtlichen Folgen.

Doch so sehr ich auch darüber nachdenke, fällt mir kein Fahrlässigkeitsdelikt ein. Egal ob es um Personenstandsfälschung, Falschbeurkundung im Amt, Einschleusen von Ausländern etc. geht, immer müsste das Gericht zumindest bedingten Vorsatz annehmen. Das gilt natürlich erst recht bei Vorteilsannahme / Bestechlichkeit. Kannst du mir da auf die Sprünge helfen, zumal ein Jahr Freiheitsstrafe schon hart ist? Wenn es sich doch um ein Vorsatzdelikt handeln sollte, so wäre das Beamtenverhältnis ja automatisch durch Verlust der Beamtenrechte beendet (gilt bei Vorsatz ab einem Jahr Freiheitsstrafe; da hilft auch keine Bewährungsaussetzung).

Zum ursprünglichen Thema: Die Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Ablehnung einer Aufenthaltsbewilligung ist aber gar nicht so leicht nach Karlsruhe zu bekommen. Regelmäßig wird doch erst remonstriert, um eine Begründung vom Auswärtigen Amt zu bekommen. Dann wird meist ein neuer Antrag versucht, vielleicht mit besserer Begründung. Zwar ist kein Widerspruchsverfahren notwendig, aber eine Klage dauert schon vor dem Verwaltungsgericht ihre Zeit (von Berlin weiß ich es nicht, in Sachsen ca. 2 Jahre), vom weiteren Instanzenzug will ich gar nicht erst reden. Und eine einstweilige Anordnung ist wegen der praktisch immer erfolgenden Vorwegnahme der Hauptsache (Die Leute heiraten hier und sind dann auf das Visum zwecks Eheschließung nicht mehr angewiesen.) doch kaum zu bekommen. Bis dahin sind die Leute einfach verheiratet, auf welchem Wege auch immer.

Tschüss

Tobias

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Ronny
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Anmeldungsdatum: 21.10.2004
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BeitragVerfasst am: 02.11.2004, 16:58    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Zitat:
Das gilt natürlich erst recht bei Vorteilsannahme / Bestechlichkeit. Kannst du mir da auf die Sprünge helfen, zumal ein Jahr Freiheitsstrafe schon hart ist? Wenn es sich doch um ein Vorsatzdelikt handeln sollte, so wäre das Beamtenverhältnis ja automatisch durch Verlust der Beamtenrechte beendet (gilt bei Vorsatz ab einem Jahr Freiheitsstrafe; da hilft auch keine Bewährungsaussetzung)


Hallo Tobias,

das Problem ist ja, dass allgemein bekannt ist, dass Urkunden aus den Problemstaaten "faul" sind. Nach Berichten der Botschaften bis zu 90 % der Nachweise des Familienstandes. Welche Größenordnung das bei Vietnam hat, kann ich nicht sagen.

Der Sachverhalt ist ja den Standesbeamten bekannt, es gibt Erlasse zum Umgang damit und es wird immer wieder geschult, wie zu verfahren ist. De facto eiert der Bund rum und sagt: einerseits ist es ein Beweiswürdigungsproblem der Standesbeamten, d.h. sie sollen eigenständig entscheiden. Andererseits weiß der Bund dass die Fälschungsrate dermaßen hoch ist. Warum ändert man dann nicht generell die Überprüfungspraxis und sagt öffentlich: aus den betroffenen Staaten akzeptieren wir Urkunden nur noch nach eigehender Überprüfung.
M.E. aus falsch verstandener Diplomatie und Etikette.

Wenn ein Standesbeamter angesichts dieser Ausgangslage noch auf die Überprüfung verzichtet, kann fast bedingter Vorsatz angenommen werden. Winken

Aber im Ernst, das zumindest kann ich für meinen Bereich sagen, ist nicht
Zitat:
Standesbeamte, die nicht aus Borniertheit und um die Leute zu schikanieren
eine Frage der bösen Absicht, sondern eher des Ärgers über die schlichtweg indifferente Haltung übergeordneter Stellen. Wem willst Du für BAT VI b da den Vorwurf machen.? Das ist heute die realistische Bezahlung für die Arbeit eines "Urkundsbeamten", die Mehrzahl meiner Kolleginnen und Kollegen wird damit abgespeist.

In dem abgeurteilten Fall hat der Kollege anfangs auch gedacht, er könne und müsse den Betroffenen helfen, eben nicht borniert sein sondern bürgernah. Irgendwann hat er die Grenze zwischen Gutmütigkeit und Gefälligkeit einfach überschritten und hat Heiratsurkunden ausgestellt für Eheschließungen die nicht stattgefunden haben. Dass der abgeurteilte Fall bei den anderen zu noch größerer Vorsicht und Genauigkeit anspornt, dürfte auf der Hand liegen.

Viele Grüße
Ronny

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