Verhalten Eltern gegenüber? Fettnäpfchen?

**Gast** Geschlecht: Anmeldungsdatum: 06.07.2011 Beiträge: 9

Hi alle miteinander,

ich bin vor einiger Zeit mit einer vietnamesischen Freundin zusammen gekommen (wir sind beide 20). Vorher bin ich noch nie wirklich mit der vietnamesischen Kultur in Kontakt getreten, deshalb schwirren mir so einige Fragen im Kopf herum und hoffe, dass ihr mir ein wenig helfen könnt.

Also was mich besonders interessiert ist der Umgang mit ihrer Familie - das heißt mit ihren Eltern. Sie hat meine schon kennengelernt und jetzt ist es bald soweit, dass ich ihre kennenlernen soll.

Dabei gehen mir Fragen durch den Kopf wie:
"Was bring ich als kleines Geschenk mit?" (klassisch Blumen)
"Wie begrüß ich die Eltern? Reihenfolge? Muss ich sonst noch etwas beachten?"
"Auf was muss ich beim Essen achten?"

Und generell: "In was für Fettnäpfchen kann ich treten?"

Damit ihr besser antworten könnt, hier noch ein paar Infos:
Ihre Eltern sind schon als Kinder nach Deutschland gekommen.
Nachdem, was ich so gehört habe, sind sie ziemlich streng - vorallem der Vater. Die Eltern sprechen vietnamesisch zuhause, was für mich ein Indiz ist, dass sie Wert auf ihre Kultur legen (gibt noch mehr Indizien).

Gibt da ein paar Dinge, die mich ziemlich überrascht haben, aber wie gesagt - bin das erste mal mit der vietnamesischen Kultur in Verbindung.

Hoffe, ihr könnt mir ne kleine Nachhilfestunde geben Smilie

Danke
William

Verfasst am: 06.07.2011, 22:33 (Kein Titel)

Hallo,
Um erstmal kurz auf deine drei Fragen zu antworten:

-Als Geschenk für vietnamesische Familien empfehlen sich in der Regel Früchte.
Wenn du etwas mehr Geld ausgeben kannst oder willst, dann kannst du für den Vater ja noch eine Flasche hochprozentigen Alkohol kaufen.
-In der Regel wird der Ranghöchste, meist gleichzeitig auch der älteste in der Familie zuerst gegrüßt. Das kannst du aber geschickt und vor allem noch mit einem Pluspunkt umgehen, wenn du die Eltern gleich auf vietnamesisch grüßt.
Wäre dann für dich: Chau chao hai bac (gesprochen in etwa: t`chau t`chao hai baak) der Satz ist eigentlich relativ einfach auszusprechen. Wenn du dir trotzdem unsicher bist, frage deine Freundin. Vielleicht lernt sie ihn dir ja.
-Beim Essen solltest du, bevor du anfängst zu essen unbedingt zuerst ihre Eltern zum essen einladen/auffordern und warten bis sie beginnen zu essen.
Wenn ihr vietnamesisch esst, also jeder eine Schale für sich hat in der evtl. ausser Reis bzw noch gar nichts vorhanden ist, dann such dir (aber bitte mit dem Auge!) das beste Stück Fleisch heraus und lege es erst dem Vater und danach auch ihrer Mutter in die Schale.
Putze dir unter keinen Umständen die Nase mit dem Taschentuch bei Tisch.
In Deutschland gilt die Nutzung des Taschentuches ja schon als "manierlich".
Für Vietnamesen ist das Naseputzen mit Taschentuch aber ein echtes "no go" und schon gar nicht beim Essen.
Sollte der Vater Schanps, Vodka ect..zum Essen trinken, dann achte darauf, dass sein Glas immer rechtzeitig von dir nachgefüllt wird.
Du kannst ruhig richtig zugreifen und betonen, dass es dir schmeckt.
Vietnamesen mögen gute Esser Smilie

!
Sollten ihre Eltern vietnamesisch gekocht haben, dann würde ich dir aber raten, langsam zu essen. Bei Vietnamesen dauert das Essen anderst als bei den Deutschen mitunter ziemlich lange und vermutlich wird dir bis zum bitteren Ende immer wieder etwas gereicht bzw. einfach in die Schale gelegt -trotz der Regel, dass eigentlich Schluss sein sollte, wenn man die Stäbchen geschlossen und quer über seine Schale legt)
Wenn du also gleich zu Beginn schon reinhaust wie ein Weltmeister, wirst du-besser gesagt dein Bauch-vermutlich noch vor Ende der Halbzeit schlapp machen.
Wenn du Früchte mitgebracht hast, dann schnapp dir ein Messer und schäle sie und reiche sie deinen "eventuellen Schwiegereltern in Spe" wenn sie fertiggegessen haben.
Sind dann wirklich alle satt, kannst du wenn sowieso welche auf dem Tisch stehen, deinen Schwiegereltern jeweils einen Zahnstocher reichen.

Sollte deine Freundin einen großteil oder den kompletten Teil dieser Aufgaben (abgesehen von den Happen, die ihr beide ihren Eltern in den Teller legen könnt) übernehmen, dann ist das auch in Ordnung und kein Minuspunkt für dich, weil es rein von der Rangordnung her sowieso ihre Aufgabe wäre.

Du kannst dich, wenn du möchtest auch zum Abwasch anbieten, was ihre Mutter aber vermutlich sowieso ablehnen wird, weil das in Vietnam so ziemlich Frauensache ist.

Solltest du zu den wenigen Familien gehören, die ihre Schuhe Zuhause nicht ausziehen, dann tue dies aber in der Wohnung der Eltern deiner Freundin bitte trotzdem gleich nach dem herein kommen.

Hmm..ich denke das wars erstmal so weit, also mehr fällt mir jetzt zumindest nicht ein, ausser der Faustregeln den älteren, in diesem Falle ihren Eltern unbedingt Respekt zu zollen und wenn möglich nicht zu wiedersprechen oder zu kritisieren. In Vietnam haben die Alten immer recht und wenn sie sagen, dass die Tapete blau ist, obwohl sie in Wahrheit vielleicht grün ist, dann ist sie blau! Smilie

Wenn du irgendwelche Abschlüsse hast, oder irgendetwas gut kannst oder geleistet hast, dann lasse das bei Möglichkeit mit in das Gespräch einfliessen.

Versuche bei allem aber troztdem höflich, natürlich und du selbst zu sein.

Falls du noch irgendwelche Fragen hast, dann frag einfach.
Ansonsten wünsche ich dir viel Glück und hoffe, dass ihre Eltern und du euch gut versteht.

Lg

Su-Tu

Verfasst am: 06.07.2011, 22:46 (Kein Titel)

Hallo su-tu,

Ich hab diesen Thread gleich abonniert, da dies auch für mich interessant werden kann.
Ich hätte hier im Forum schon manchmal echt gerne eine Bewertungsfunktion für einzelne Beiträge. vielen dank für diese super Informationen (: und alles so schön kompakt (:

Immer wieder sehr interessant und informativ hier zu lesen. Muss das direkte morgen mal ansprechen und sie ein wenig erzählen lassen :p

Verfasst am: 07.07.2011, 08:24 (Kein Titel)

Alsooooooo.

Es ist wichtig, dass du du selbst bist. Es wird immer zuerst der Vater gegrüßt von dir. Mach dich ein bisschen über Vietnam schlau und zeig Interesse für das Land, das kommt immer gut an. In den meisten vietnamesischen Familien gibt es ein ahnenaltar....bitte nicht ohne Erlaubnis zu nah ran gehen und erst recht nicht anfassen oder mit dem Finger auf den Altar und die Bilder zeigen.

Ach ja, wenn du reinkommst...deine Schuhe aus und schau ob sie hausschuhe für dich haben.

Wichtig ist der Respekt, wenn du dich am Ton vergreifst oder auch ihnen zu deutlich widersprichst könnten sie es dir übel nehmen...also egal wie dir was missfällt bleibe besonders höflich, das gildet auch für andere vietnamesisch ältere. Es ist egal ob stimmt was du sagst, es ist respektlos zu widersprechen. Schluck runter lächle und nicke, auch wenn du in deinen kopfschon richtig meckerst.

Sage niemals zu hart "nein". Versuche eine Verneinung oder Absage zu umreden. Vietnamesen fühlen sich sonst meist vor dem Kopf gestisch

Mit Stäbchen nicht im essen zu sehr stochern und wenndu satt bist, nicht in die schüssel sondern auf die Schüssel legen. Die häppchen nicht direkt in dem Mund, sondern erst in deine reisschüssel tun und auch bitte nicht das essen Horten. Wenn du deiner Freundin was geben willst, nimmst du die enden vom Stäbchen, damit sie das essen sauber bekommt. Reden ist beim essen erwünscht, wodurch sich das essen in die Länge zieht und bring viel Hunger mit.

Vietnamesischer reisschnaps kommt bei dem meisten Vätern gut, oder Blumen wie Orchideen oder Obst

wenn du mit deiner Freundin zusammen bist, bist du auf dem Segen ihrer Eltern angewiesen und praktisch auch mit ihnen zusammen. Die Meinung ihrer Eltern ist sehr wichtig und gesetz

Verfasst am: 07.07.2011, 10:33 (Kein Titel)

Vielen Dank für die schnellen und ausführlichen Antworten. Hat mir sicherlich etwas geholfen.

Werd das Forum bei weiteren Fragen weiter nutzen Smilie

Ich hatte so viele Fragen aber gerade fällt mir keine mehr ein, jedenfalls nicht die hier schon beantwortet wurde Smilie

Mfg
William

**Gast**

Ich bin vor ein paar Jahren mal in ein Fettnäpfchen getreten, als ich meinem Schwager einen Messerblock geschenkt habe. Es ist damals umgezogen und ich wusste, dass in der Küche Messer fehlen, also war es für mich das ideale Geschenk. Meine Frau sagte mir dann, dass, wenn man Messer schenkt, dies einer Todesdrohung gleichkommt. Zum Glück konnte sie die ganze Sache aufklären, mein Schwager hat die Messer angenommen und noch heute in Gebrauch.

Niko

Verfasst am: 07.07.2011, 12:05 (Kein Titel)

Ich weiß nicht, ob das Thema Vietnam so gut ist.
Ich denke da kann man sich ganz schön verrennen,
denn viele Vietnamesen ticken bzgl. der alten Heimat sehr verschieden.
Infos darüber schaden natürlich nie,
aber ich würde mich da nicht auf Diskussionen einlassen.

Außerdem ist es wohl unhöflich zu viel zu fragen.
Z. B. wie haben sich die Eltern kennen gelernt.
Das darf evtl. nicht mal deine Freundin ihre Eltern fragen.
Meine Frau weiß solche Dinge auch nur,
weil sie bei ihrem Opa aufwuchs,
der ihr das von sich aus erzählte.

Ansonsten würde ich es einfach auf mich zukommen lassen
und keine Wissenschaft draus machen.
Ich würde stark vermuten, dass sich die Eltern bereits ihr Urteil gebildet haben.
Ich bin gespannt, was du so berichtest Winken

Verfasst am: 07.07.2011, 12:46 (Kein Titel)

Courti hat schon recht.

Geh locker auf die Sache zu und sei einfach DU. Man muss Dich eh nehmen wie Du bist.

Ein Fettnaepfchen kenne ich: Einem Freund ist etwas in der Pagode (Hauspagode) auf dem Boden gefallen. Er hat es aufgehoben, aber leider dabei seinen Hintern in Richtung des Altars gedreht. Das war nicht so gut Traurig

Das wurde ihm gesagt und dass man dieses einfach aus Respekt nicht macht. Kein Beinbruch, aber auch keine lobenswerte Aktion Smilie

Juergen (36 Grad, Sonne gerade verschwunden......hot day)

Verfasst am: 07.07.2011, 21:16 (Kein Titel)

Mein Bruder hat bei seinem Besuch Früchte vom Altar genascht Smilie

Übrigens ist er mein Paradebeispiel für das erlernen, langsam zu essen.
Er war jedes mal bereits nach 5 Minuten schon pappsatt, weil er -wie in Deutschland üblich- so schnell, so viel wie möglich, in sein Schälchen gepackt hat, oben von den anderen alle 2 Minuten noch was draufgepackt wurde und dann ganz schnell "schluck, schluck" war alles unten und er randvoll, noch bevor die anderen überhaupt richtig mit dem essen angefangen hatten...
Das Ende vom Lied war, dass ihm trotz seiner Beteuerungen, er sei satt, permanent irgendjemand einen besonders Leckeren Bissen in die Schale gelegt hat, den er natürlich-aus Höflichkeit-auch noch verputzen musste...
Nach ca 3 Tagen hatte er den Dreh aber raus..Recht viel später hätte auch seiner Figur und seinem Magen nicht wirklich bekommen Smilie

Ah gut, dass Cong_Chua87 es noch erwähnt hat.
Ich hatte das ganz vergessen, dir zu sagen, dass die Stücke, die du evtl. für ihre Eltern aussuchst, mit der umgekehrten Seite der Stäbchen überreicht werden.
Da gebe ich dir schon einen Rat...und führe dich genau mit dem schon in eines der vielen Fettnäpfchen..Na prima..
Gott sei Dank hat Cong_chua87 wenigstens daran gedacht Smilie

Verfasst am: 07.07.2011, 22:36 (Kein Titel)

Hahaha, die armen ahnen, was die alles ertragen mussten...bei einen user ein Po im Gesicht und bei dir werden die gaben weggemampft, su-tu...hahaha Sehr glücklich

Ich hab am anfang auch immer zu schnell gegessen und die Mutter meiner besten Freundin hat unbeirrt immer wieder Reis in meine Schale getan xD ich wusste damals nicht, dass man die Stäbchen rauf legen muss.

Und an das geschlürfe bei der Suppe musste ich mich auch erstmal gewöhnen und nun schlürf ich schon unbewusst *rotwerd*

Aber am besten habe ich mit damit anfang gehalten, dass ich meiner Freundin beim essen nachgemacht habe, also mich an sie gehalten habe. Ok, dass war mal ziemlich doof, da ich genau soviel chillisauce auf dem reis kloppte und danach nen Apfelsaft auf ex getrunken habe, aber selbst an die Schärfe habe ich mich gewöhnt und fischsauce habe ich lieben gelernt

Verfasst am: 08.07.2011, 06:23 (Kein Titel)

Haha ja die Tischmanieren der Vietnamesen..
Etwas gewöhnungsbedürftig... Winken

Bring da gute Nerven und Geduld mit Will Smilie

An das laute Schmatzen werde ich mich aber nie gewöhnen können und gängel meinen Mann und meine Stiftochter immer mit einem "Dong cua!" / "Tür zu" bzw mach die Tür zu, was heissen soll, dass sie ihren Schnabel beim Essen schliessen sollen.
Hat aber noch nicht geklappt...wird es auch bestimmt nicht mehr.

Umso lauter, umso leckerer ist`s nämlich anscheinend Smilie