Die Klagemauer vom Cua Tung- Strand

Verfasst am: 29.06.2012, 01:43 Die Klagemauer vom Cua Tung- Strand

Die Klagemauer vom Cua Tung-Strand

An diesem Strand war ich zwei Mal. Das erste mal auf meiner ersten Vietnam Reise. Ich hatte die Tunnel von Vinh Moc besucht. Ein Behinderter führte mich durch die Tunnel. Ich wusste damals nicht, ob das an Ausbeutung oder Integration grenzt. Mein Wissen über Vietnam war gering. Aber es war beeindruckender und mehr Vietnam, als die Tunnel von Cu Chi (die ich übrigens nie besuchte, aber alle anderen Touristen. Vinh Moc kannte kaum einer). Im Reiseführer (Stefan Loose, 2009) war der Strand erwähnt. Ich wollte also einen Abstecher dahin unternehmen. Ich hatte auf meiner Reise ein paar kleine Nebenaufgaben. Das fotografieren von Schmierereien (ich wollte sie zu Hause dann in Ruhe übersetzen) gehörte dazu. Am Cua tung wurde ich fündig. Eine leere Wand an der Grenze eines Abrissgrundstückes bot das Bild eines grossen Hakenkreuzes, mit allerlei Geschriebenem. Ich hielt an. Ich war auf Entdeckertour. Als ich mein Foto aufnahm (was wegen der Spiegelreflexkamera ein wenig dauerte) kamen aus einem Nachbargrundstück ein paar junge Frauen (oder waren es noch Mädchen) auf die Strasse gelaufen. Sie fingen an zu kichern und ich packte grade wieder meine Kamera ein. Als ich zu ihnen schaute, winkten sie mir zu. Ich war verdutzt. Die Vietnamesen waren freundlich. Auf den ersten Blick immer alle. Auf den zweiten die wenigsten. Langsam fing es an zu klickern. In der schäbigen, unscheinbaren Baracke auf dem Grundstück wohnten Prostituierte. Es war ein Bordell.
Das wusste ich nicht sofort, aber mein Bauchgefühl verriet es mir und mir wurde bei dem Anblick ganz unwohl. Ich hastete zu meinem Moped und fuhr weiter. Als müsste ich flüchten. Um nicht "eingefangen" werden zu können. Gemischte Gefühle. Ich fuhr hinunter zum Starnd. Ein paar Fischer waren mit ihren Booten beschäftigt. Sie deuteten mit dem ausgestreckten Zeigefinger der einen Hand, in den, zum Ring geformten Zeigefinger der anderen Hand. Es bedeutet "Ficken". Dann winkten sie hinauf zum Hügel, wo ich die Wand fotografierte. Mir wurde übel. Die armen "Gören" waren Prostituierte. Schaudern zog unter meine Haut. Übrigens auch jetzt wieder, wenn ich das schreibe.
Zurück in Hue traf ich Phuong (es war eines der allerersten Treffen) und ich machte mich in folgender Nacht daran, die Kritzeleien der Wand zu übersetzen (ich hatte auch die Mädchen fotografiert, das Foto aber wieder gelöscht, aus Pietätsgründen). "Wozu leben?" Stand da und so was wie (in einzelnen, nicht zusammenhängenden Worten) " Immer ... lieben... mich ... kontrollieren". Weiter "Immer erinnern an die kummervolle Zeit". Und was mich am meisten traf. "Küssen auf Lebenszeit ... und warten das man den Arsch hinhalten muss". Diese Nacht schlief ich nicht. Und ich entwickelte Abscheu. Gegen die (westlichen) Leute, die ich später in Laos und Sai Gon (auf der Bui Vien Strasse), mit Prostituierten sah. Und ich wünschte, ich hätte es nicht übersetzt. Ich hatte ein Foto. Von der Klagemauer vom Cua Trung-Strand.

Das zweite Mal war ich an diesem Strand für einen Touranbieter, der mit mir seine Touren fahren wollte (er meinte ich wäre gut für's "Geschäft", weil ich Englisch kann, und weiss, was die "Westler" wollen). Wir aßen am Strand zu Abend. Es gehörte zum Programm. Eine Hand berührte mich. Eine ca 40jährige abgelebte Frau im leichten Fummel setzte sich neben mich, schaute mich an und lächelte mir eindeutig, zweideutig zu. Ich bat meinen "Freund" um schnellen Aufbruch und Rückkehr. Es wurde ja schon dunkel. Seit dem meide ich vietnamesische Strände. Das war zu viel. Ich war nach dem zweiten Besuch nie wieder in der Nähe eines Strandes.

Anmeldungsdatum: 26.10.2010 Beiträge: 554

Haha...

Hat dein Erlebnisbericht etwas damit zu tun, dass eine bestimmte weibliche Ex-Moderatorin just heute diesen Strand auf ihrem Blog beschreibt?

Verfasst am: 29.06.2012, 06:29 (Kein Titel)

Anmeldungsdatum: 26.10.2010 Beiträge: 554

Haha, sorry, dann ist es jetzt raus. Aber ist auch nicht so schlimm.

Ich bin selber noch nicht da gewesen. Und was du beschreibst, macht jetzt auch nicht Lust drauf.

Ich habe das mit den Prostituierten so noch nicht erlebt. In meinem Bekanntenkreis sind schon der und die eine oder andere, die sich so nebenbei etwas dazu verdienen, aber wohl eher nebenbei und nicht "hauptberuflich".

Leider ist es in Vietnam, vor allem auf dem prüden Land, noch so, dass viele geschiedene Frauen in die Prostitution kommen, da sie sich nicht ernähren können. Einen neuen Mann finden sie meist auch nicht, denn die Familien wollen das nicht. An den von mir besuchten Stränden habe ich so was noch nicht vorgefunden, aber das mag es wohl überall geben.

Verfasst am: 29.06.2012, 07:15 (Kein Titel)

**Moderator** Anmeldungsdatum: 02.06.2012 Beiträge: 983

Hallo Wolzoff,

die realitaet einer jeden reise birgt immer zwei gesichter in sich. das schoene und das weniger schoene antlitz. abgesehen davon, dass prostitution ueberall auf der welt vorkommt - leider auch in vietnam - sind viele naturlandschaften und denkmaeler in diesem land dennoch immer noch sehr urspruenglich attraktiv und sehenswert.

ich wuenschte mir, es gaebe viele reisende wie dich (wohnst du zur zeit auch in vietnam?) die ebenso "sensible" auf solche begebenheiten reagierten.

danke fuer deinen bericht!

csab

Verfasst am: 29.06.2012, 11:22 (Kein Titel)