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 Nguyen Dus "Truyen Kieu"

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Catinat
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BeitragVerfasst am: 21.09.2013, 08:13    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Truyện Kiều

Sprachvollendung. (Hoerprobe.)

Eine Vertonung des Anfangs der Geschichte der Thúy Kiều (die sechs , oder acht, beruehmten Zeilen, deren klassische Uebersetzung ins Deutche Forumsmitglied BriGro braucht und Mitglied Spatz anbietet) durch einen vietnamesischen Sprecher anzuhoeren ist moeglich. Bei mir durch Installation des VLC media players , zur Zeit 2.0.6 Setup. Es war sogar Wikipedia, bei denen ich das nach vielem hin und her fand :

http://en.wikipedia.org/wiki/File:Truyen_Kieu_recite.ogg Anklicken muss man Truyen_Kieu_recite.0gg (Ogg Vorbis sound file, length 25 s. 102 kbps) nach dem Herunterladen von Trieu_recite.0gg (317 KB) von upload.wikimedia.org - „Open“.

Und eine weitere eindrucksvolle Stelle, fuer die ich keine Hoerprobe habe :
“Dùng dằng nửa ở nửa về
Nhạc vàng đâu đã tiếng nghe gần gần
Trông chừng thấy một văn nhân
Lỏng buông tay khấu bước lần dặm băng” (Quelle a.a.Ort #1 , S. 40,41)

... wenn sich Kim, der Geliebte Kiều’s sich auf seinem Pferd naehert.

„Ausharren oder weggehen ? Sie waren sich noch nicht schluessig,
als ganz in der Naehe die Gloeckchen am Zaumzeug eines Pferdes erklangen.
Ein junger Herr naeherte sich ihnen, den Zuegel lose,
das leichte Gepaeck im Wind …“

Die Versform „Lục bát“, dem „Alexandriner“ vielleicht etwas aehnlich , sagte mir am Anfang gar nichts.

Man kann es eigentlich nicht uebersetzen, da Laute, Silben, Betonungen, Woerter und Bilder von Zeile zu Zeile kunstvoll wie ein Organismus gebaut worden sind. Ueberall Entsprechungen, Sprachbauwerke, Sprachbruecken, vollendet wie eine „Kathedrale“ mit Kreuzrippengewoelbe , Strebeboegen, Stuetzpfeilern, das grosse Thema „Leiden“ vielfach in kleinen Formelementen richtig „gespiegelt“. Und das „eigentliche“ Thema, der Leben- und Leidensweg des Maedchens Kiều ? Ein Abbild der Geschichte des Landes, gelegentlich auch wie ein prophetischer Vorgriff auf die naechsten 150 Jahre, die noch kommen sollten.

Wenn sich in einer schicksalsschweren, „shakespearehaften“ Szene zuerst auf dem Friedhof vor dem leeren Grabmal der Kurtisane Đạm Tiên und dann in einem Tagtraum die Begegnung mit ihrem Geist zu den Worten : Vers 83 „Đau đớn thay phận đàn bà!“ - Tragik ist das Schicksal der Frauen“ ,stattfindet, fuehrt das zu der Schluesselszene mit ihrer Mutter : Vers 227,228 „Thưa rằng: Chút phận ngây thơ, Dưỡng sinh đôi nợ tóc tơ chưa đền.“ – sinngemaess : Mutter, ich bin kein unschuldiges Kind mehr. Du hast mir alles gegeben, ich Dir noch nichts.“

Gruesse, Catinat

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csba
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Beiträge: 983


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BeitragVerfasst am: 21.09.2013, 11:55    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

« Catinat » hat folgendes geschrieben:

Man kann es eigentlich nicht uebersetzen, da Laute, Silben, Betonungen, Woerter und Bilder von Zeile zu Zeile kunstvoll wie ein Organismus gebaut worden sind. Ueberall Entsprechungen, Sprachbauwerke, Sprachbruecken, vollendet wie eine „Kathedrale“ mit Kreuzrippengewoelbe , Strebeboegen, Stuetzpfeilern, das grosse Thema „Leiden“ vielfach in kleinen Formelementen richtig „gespiegelt“.

Das ist, lieber Catinat ein guter Vergleich!

« Catinat » hat folgendes geschrieben:
Und das „eigentliche“ Thema, der Leben- und Leidensweg des Maedchens Kiều ? Ein Abbild der Geschichte des Landes, gelegentlich auch wie ein prophetischer Vorgriff auf die naechsten 150 Jahre, die noch kommen sollten.


Ja! Man sollte aber auch dabei beachten, dass Nguyen Dus Truyện Kiều-Erzaehlstoff urspruenglich dem Chinesischen entnommen ist! Smilie

Lieben Gruss
csba

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Catinat
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BeitragVerfasst am: 21.09.2013, 13:35    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

« csba » hat folgendes geschrieben:
Man sollte aber auch dabei beachten, dass Nguyen Dus Truyện Kiều-Erzaehlstoff urspruenglich dem Chinesischen entnommen ist! Smilie

csba


Danke. Der chinesische Ursprung des Plots. Habe ich fast vergessen, bzw. mal ausser acht gelassen. Ich ordne das Werk trotzdem - oder gerade deshalb - dem innersten Kern der vietnamesischen Kultur zu.

Vielleicht bringt es sogar Dich zum Staunen, die Parallelitaet zur historischen Wanderschaft der urdeutschesten aller Figuren :

Die eigentliche Quelle des publizierbaren "urdeutschen" Faust liegt - in England. Nachdem es aus Deutschland kurz dahin geraten war.Die Bearbeitung des Stoffes wird Sir Christopher Marlowe, einer schillernden Persoenlichkeit aus englischen Adels- und Wissenschaftskreisen, zugeschrieben. 1592 wurde er veroeffentlicht, nach anderen Quellen 1604, es gibt Aufzeichnungen darueber bis hinunter auf 1587. Marlowe's in England aeusserst populaerer Faust-B (es gibt einen A- und einen B-Text) wurde in England mindestens fuenfmal aufgelegt.

Einigen wir uns vielleicht darauf : Wo der Stoff herkommt, ist ziemlich egal. Wo er erfolgreich ab- und umgesetzt wird, ist entscheidend.

Gruesse, Catinat

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Micha L






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BeitragVerfasst am: 21.09.2013, 17:09    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Aber der Dr. Faust lebte und starb im badischen Staufen.
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csba
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BeitragVerfasst am: 21.09.2013, 19:17    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

« Catinat » hat folgendes geschrieben:

Vielleicht bringt es sogar Dich zum Staunen, die Parallelitaet zur historischen Wanderschaft der urdeutschesten aller Figuren :

Die eigentliche Quelle des publizierbaren "urdeutschen" Faust liegt - in England. Nachdem es aus Deutschland kurz dahin geraten war.Die Bearbeitung des Stoffes wird Sir Christopher Marlowe, einer schillernden Persoenlichkeit aus englischen Adels- und Wissenschaftskreisen, zugeschrieben. 1592 wurde er veroeffentlicht, nach anderen Quellen 1604, es gibt Aufzeichnungen darueber bis hinunter auf 1587. Marlowe's in England aeusserst populaerer Faust-B (es gibt einen A- und einen B-Text) wurde in England mindestens fuenfmal aufgelegt.


Ja! Das erstaunt mich tatsaechlich. Das ist aber ganz was Neues fuer mich. Vielen Dank fuer den Hinweis!

« Catinat » hat folgendes geschrieben:
Einigen wir uns vielleicht darauf : Wo der Stoff herkommt, ist ziemlich egal. Wo er erfolgreich ab- und umgesetzt wird, ist entscheidend.


Nullo Prolemo! Lieber Catinat! Smilie

csba

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Catinat
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BeitragVerfasst am: 22.09.2013, 02:40    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Truyện Kiều

Schuld, Bestimmung, Selbst, Herz (lòng) und Tragik.

Es fiel mir, zugegebenermassen, nicht leicht, mich durchzuarbeiten vom Grabmal Đạm Tiên‘s (Vers 01 – 244) zur Begegnung Kiều’s mit dem Freund und Geliebten Kim Trong (245 - 572), den sie auch ohne Zustimmung der Eltern heiraten will, zum scheinbar voruebergehenden Abschied Kims zur pflichtgemaessen Erfuellung einer familiaeren Angelegenheit, der hinterhaeltig grundlosen Klage der Mandarine gegen den Vater , der Freiloesung desselben mit anschliessender Armut (573-804),zur Abhaengigkeit Kiều’s von Tú Bà und Mã Giám Sinh (805-1056), zu Bordelldiensten, zu Taeuschungsmanoevern , zum Leiden und zur Fronarbeit unter der eifersuechtigen Thúc Sinh (1057-1472), zur Flucht Kiều’s mit Diebstahl zweier Kerzenleuchten – dadurch Rueckkehr ins Bordell.

Zur Affaire Kiều’s mit dem „Revolutionaer“ Từ Hả , hier kurz in Theaterauschnitten angerissen wie :

http://www.youtube.com/watch?v=pLzNzl5i1Fo und
http://www.youtube.com/watch?v=VZmSfi0AFYs .

Die fuehrt aber zu einer 5jaehrigen Ehe Kiều’s mit Từ Hả (Verse 2025 – 2288), der fuer kurze Zeit ein Fuerstentum anfuehrt, zur Aufforderung Kiều’s , dass sich Từ Hải schliesslich ergeben und ausliefern lassen soll. Dazu, dass das zu einer Falle und zur Ermordung Từ Hải’s durch das Establishment und zu erneuten Einsamkeitsgefuehlen, der erzwungenen Verbindung mit einem Regionalfuersten und dem Versuch Kiều’s zum Selbstmord im Fluss fuehrt.

Meine persoenliche „Lehre“, die ich aus einem Vergleich zwischen europaeischen Klassikern ( z.B. „Faust“) und Truyện Kiều ziehe :

Bei den Europaeern geht es, seit den griechischen Tragoedien, vorwiegend um die Frage nach der Schuld des Einzelnen. Auch : wie wird man unschuldig schuldig ? Toetet Gretchen ihr Kind ? Sie wird damit nur „fertig“ : im Wahnsinn. (siehe auch Medea, Iphigenie ...)

In Truyện Kiều geht es um „Bestimmung – oder die Kraft des Selbst ?“. Und am Ende entscheidet - das „Herz“ - Lòng. Bis dahin ist ein langer Leidensweg.

Kiều und Kim finden zueinander, nach 10 Jahren. Sie sind ein Paar. Aber : sie „teilen in der Nacht nicht mehr das Kopfkissen“. Dafuer ist zu viel geschehen. Das ist der tragische Preis.

Gruesse, Catinat

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Catinat
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BeitragVerfasst am: 22.09.2013, 08:43    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Truyện Kiều
-Jungfraeulichkeit-

Kiều opferte ihre Jungfraeulichkeit in dramatischem Konflikt in Abwaegung zur Treue zur Familie. Vers 3115 : “Xưa nay trong đạo đan ba, Chữ trinh kia cũng co ba bảy đường,” , frei : “Es gibt mehrere Wege,eine Jungfrau zu sein; unter aussergewoehnlichen Umstaenden kann sich das aendern.”

Ich lege Interessierten als Quelle ans Herz http://iussp2005.princeton.edu/download.aspx?submissionId=51310
S. 22 : „Es gibt eine Jungfraeulichkeit der Seele.“

S.21 : “A woman has two kind of virgin, one is physical and one is spiritual. Why Kim Trong still accepted Thuy Kieu, who was put in many different brothels?
Questioning you that, if he appreciated her hymen, she (the character) would die
for thousand times. Of course Thuy Kieu didn't reunion with Kim Trong, but he
(S.22) opened his arms, the family still accepted her and their love. This is the virgin of
the soul.”

Gruesse, Catinat

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csba
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BeitragVerfasst am: 22.09.2013, 14:00    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

« Catinat » hat folgendes geschrieben:


Zur Affaire Kiều’s mit dem „Revolutionaer“ Từ Hả , hier kurz in Theaterauschnitten angerissen wie :

http://www.youtube.com/watch?v=pLzNzl5i1Fo und
http://www.youtube.com/watch?v=VZmSfi0AFYs .

Die fuehrt aber zu einer 5jaehrigen Ehe Kiều’s mit Từ Hả (Verse 2025 – 2288), der fuer kurze Zeit ein Fuerstentum anfuehrt, zur Aufforderung Kiều’s , dass sich Từ Hải schliesslich ergeben und ausliefern lassen soll. Dazu, dass das zu einer Falle und zur Ermordung Từ Hải’s durch das Establishment und zu erneuten Einsamkeitsgefuehlen, der erzwungenen Verbindung mit einem Regionalfuersten und dem Versuch Kiều’s zum Selbstmord im Fluss fuehrt.


Das ist schon richtig erzaehlt, lieber Catinat! Nguyễn Du waehlte bewusst mit dem Beispiel Từ Hải, der die Ehe mit Kiều einging, "als" schlechthin das "Heldentumsymbol", welches gegen das damalige Unrecht des Etablissement vorging. Tatsaechlich gab es in der Zeit viele Bauernaufstaende in denen Persoenlichkeiten wie "Nguyễn Huệ" im damaligen "Tayson-Aufstand" hervorgingen und sich "heroeisch" gegen die herrschende Klasse bewaehrten.


csba

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Catinat
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BeitragVerfasst am: 22.09.2013, 15:53    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Kiều

Csba . Ein neues, vielversprechendes Kapitel fuer ein Gespraech an anderer Stelle hier im Forum. Ich habe dazu viel mehr Fragen als Antworten. Ich bin noch mehr gepraegt, geblendet, „befangen“ von der Figur Lê Văn Duyệt. Und brauche Euch Experten hier . Spaeter.
In einer Sache, die wieder zu Truyện Kiều hinleitet und den “Konfuzianismus’-Aspekt beruehrt :

Gegen den Widerstand einer Mehrheit von auch sehr Sachkundigen seit langem halte ich an meiner Hypothese fest : Vietnams Gesellschaft war nie so konfuzianisch wie behauptet. Im Gegenteil. Die Mehrheit des Volkes war da eher traditionell sperrig. Es war die Oberschicht der Mandarine, die nach aussen hin gerne den Schein wahrte. Mein Freund Trạng Quỳnh ist mir dabei ein Kronzeuge.

Lieber Csba, Du kennst Dich im hohen Norden Europas aus, glaube ich gehoert zu haben. Die Vietnamesen gelten manchen Chinesen mit konfuzianischer Grundpraegung doch wie die leichtlebigen Suedlaender bei den strengeren Norwegern : die Daenen.

Aber ich kann mich jederzeit irren. So macht (mir) Diskussion hier richtig Spass.

Gruesse, Catinat

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csba
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BeitragVerfasst am: 22.09.2013, 16:14    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

« Catinat » hat folgendes geschrieben:

In einer Sache, die wieder zu Truyện Kiều hinleitet und den “Konfuzianismus’-Aspekt beruehrt :

Gegen den Widerstand einer Mehrheit von auch sehr Sachkundigen seit langem halte ich an meiner Hypothese fest : Vietnams Gesellschaft war nie so konfuzianisch wie behauptet. Im Gegenteil. Die Mehrheit des Volkes war da eher traditionell sperrig. Es war die Oberschicht der Mandarine, die nach aussen hin gerne den Schein wahrte. Mein Freund Trạng Quỳnh ist mir dabei ein Kronzeuge.


Ja! Du magst mit der obigen Aussage nicht einmal so "Unrecht" behalten haben. "Das Vietnam" als solches ist, seit Jahrhunderten bestehend, ein Vielvoelkergemisch aus zahllosen Minderheiten. Aber in der schoengeistigen Literatur haben sich die herrschenden Mandarine schon immer an das chinesische Vorbild angelehnt.


« Catinat » hat folgendes geschrieben:
Lieber Csba, Du kennst Dich im hohen Norden Europas aus, glaube ich gehoert zu haben. Die Vietnamesen gelten manchen Chinesen mit konfuzianischer Grundpraegung doch wie die leichtlebigen Suedlaender bei den strengeren Norwegern : die Daenen.


Ja! Das ist meiner Meinung nach eine sehr treffende Aussage! Irgendwie doch sehr klug erkannt! Die Norweger sind meinen persoenlichen Beobachtungen nach viel lockere als die Daenen. Es leben und arbeiten zur Zeit ueber 100.000 Daenen in Norwegen. Ich habe mit ihnen oefter zu tun gehabt. Da ist doch ein grosser Unterschied im Verhalten erkennbar!

« Catinat » hat folgendes geschrieben:
So macht (mir) Diskussion hier richtig Spass.


In allem was wir auch immer tun, sollen wir tun, ohne den Spass an der Freude zu verlieren. Und das tust Du zur Zeit mit Gewissheit sicherlich nicht, mein lieber Catinat.

csba

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csba
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Anmeldungsdatum: 02.06.2012
Beiträge: 983


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BeitragVerfasst am: 22.09.2013, 20:45    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

« csba » hat folgendes geschrieben:

« Catinat » hat folgendes geschrieben:
Lieber Csba, Du kennst Dich im hohen Norden Europas aus, glaube ich gehoert zu haben. Die Vietnamesen gelten manchen Chinesen mit konfuzianischer Grundpraegung doch wie die leichtlebigen Suedlaender bei den strengeren Norwegern : die Daenen.


Ja! Das ist meiner Meinung nach eine sehr treffende Aussage! Irgendwie doch sehr klug erkannt! Die Norweger sind meinen persoenlichen Beobachtungen nach viel lockere als die Daenen. Es leben und arbeiten zur Zeit ueber 100.000 Daenen in Norwegen. Ich habe mit ihnen oefter zu tun gehabt. Da ist doch ein grosser Unterschied im Verhalten erkennbar!


Damit wir uns hier nicht missverstehen, lieber Catinat. Die Daenen scheinen fuer mich etwas "strenger" in ihrem Gehaber zu sein als die Norweger und die Schweden erscheinen mir von den Skandinaviern als am lockesten. Das sind aber meine sehr "subjektiven ("Pauschal"-)Beurteilungen.

Aber du hast meiner Meinung nach einen wichtigen Kernpunkt angeschnitten bzl. konfuzianischen Getue und Gehabe so mancher Asiaten. Die Vietnamesen scheinen im Gegensatz zu ihren chinesischen Nachbarn eine viel lockere Lebensfuehrung zu besitzen. Das natuerlich ist mein subjektives Urteil.

csba

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BeitragVerfasst am: 23.09.2013, 02:25    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Kiều

Die Gitarre

Die dingliche „Klammer“ der ganzen Geschichte ist die Gitarre Kiều’s. Das Maedchen wird nie ohne Gitarre dargestellt. Die literarische Verwendung des Instruments geht auf ein Vorbild zurueck, das auch benannt wird :

Vers 2586 : „Tơ lòng đã dứt dây đàn Tiểu Lân .
Rộng thương còn mảnh hồng quần…“
(„Wie einst bei Tiểu Lân (legendarisch bekannte Figur), mein Herz, die Saiten der Gitarre sind gebrochen.“)
Und vorher : „Vers 490 : Nghe ra ngậm đắng nuốt cay thế nào !“ – „Wieviel Bitternis in Deinem Spiel steckt>“

Bei Goethes „Faust“ spielt nur kurz eine Zither als Instrument eine Rolle, als Gretchens Bruder Valentin von Faust, dem die Hand von Mephisto gefuehrt wird, erstochen werden soll (a.a.O., S.7):

„Valentin : „Wen lockst du hier (Anmerkung : mit dem Lied zur Zither).beim Element. Vermaledeiter Rattenfaenger. Zum Teufel erst das Instrument, zum Teufel hinterdrein den Saenger.“ – Mephisto : „Die Zither ist entzwei, an der ist nichts zu halten.“ – Valentin : „Nun geht es an ein Schaedelspalten!“.

Gruesse, Catinat

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Catinat
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BeitragVerfasst am: 24.09.2013, 05:23    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Đạm Tiên , die "Seherin"

Die zweite Klammer, dramaturgisch und inhaltlich, ist die „menschlich/uebermenschliche“, bzw. wird durch ein „Wesen“ dargestellt. Bei Goethe ist es, wie in der Antike, der „Chor“, sozusagen eine begleitende, reflektierende , kommentierende Instanz ,die aber ergaenzt wird bei ihm durch verschiedene chorische Gestaltungsformen.

Bei Nguyễn Du uebernimmt im Truyện Kiều eine aehnliche Rolle : die uns eigentlich schon bekannte Đạm Tiên.

.Vers 2711/12 : “Mơ màng phách quế hồn mai,Đạm Tiên thoắt đã thấy người ngày xưa.” Nach mehr als 10 Jahren Begleitung erschien Đạm Tiên der aelter gewordenen Kiều gegen Ende ihrer Leiden wieder im Traum. So schliesst sich der Kreis , den Kiều mit Đạm Tiên an deren leerem Grab eroeffnete , auch mit dieser Figur.

Die beiden Kunstgriffe erleichtern ein wenig das Lesen. Die langen Geschichten Truyện Kiều und Faust werden zusammengehalten und zerfasern nicht.

Das Lesen – eigentlich muss es „gehoert“ werden - ist nicht leicht. Trotz inhaltlicher Spannung ist es von Gedanken, Ueberlegungen, inneren Monologen durchwachsen.

Dennoch : diese, das Lesen schwierig machende Eigenschaft resultiert nicht aus dem Stoff, nicht aus den Inhalten. Die Schwierigkeit, einen gewissen Grad an „Monotonie“ aushalten zu muessen, liegt : an mir, an uns, an unseren „modernen“ Lese-, Hoer-, Aufnahme-Gewohnheiten.

Wir sind als Rezipienten geeicht auf „Clips“ . Der Film bringt das mit sich. Da bewirkt das der schnelle, oft rasante „Schnitt“ in immer kuerzeren Sequenzen. Das erfordert von Auge, Gehoer, Verstand andere Qualitaeten als der „Strom“, der Fluss einer Geschichte wie Truyện Kiều .

Aber : es lohnt sich mit Hilfe einer der angebotenen „Uebertragungen“.

Truyện Kiều ist ein nationales Werk, kuenstlerisch gigantisch, trotz zeitgeschichtsbedingter Hintergruende „zeitlos“ ! Damit ist das Werk ein universales Werk. Es gehoert dem vietnamesischen Volk und der gesamten Welt, die es aus den Haenden der Vietnamesen empfangen , die es originaer mit den Chinesen teilen.

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Humanitaet
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Beiträge: 346
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BeitragVerfasst am: 24.09.2013, 08:02    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

“Trăm năm trong cõi người ta,
Hundert Jahre, ja, ein Menschenleben, Es ist darin gestempelt:

Chữ tài chữ mệnh khéo là ghét nhau.
Intelligenz und Schicksal. Beide hassen sich eleganterweise.

Trải qua một cuộc bể dâu,
Nach einem Schicksal

Những điều trông thấy mà đau đớn lòng.
erkannt man viele Ereignisse, die zum Weinen bringen könnten.
(Es tut dem Gemüt weh.)

Lạ gì bỉ sắc tư phong,
Es ist nicht wunderlich, den schönen und intelligenten Frauen gegenüber

Trời xanh quen thói má hồng đánh ghen.” (S.28/29)
sind sogar die Götter (gewöhnlich) naturgemäß eifersüchtig.

“ Vers 26 : Hoa ghen thua thắm, liễu hờn kém xanh.”
Blumen sind eifersüchtig, weil ihre Farbe weniger prächtig ist
Weide ist beleidigt, weil ihre Blätter weniger grün sind.

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Catinat
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BeitragVerfasst am: 24.09.2013, 10:11    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

@ Humanitat :
Auch schoene Uebertragungsversuche von nur schwer , weil vieldeutig, zu “uebersetzenden” Textstellen Deinerseits . (Es gibt viele Versionen in fast allen Sprachen. Im Englischen kenne ich mindestens vier verschiedene.)

Die "Uebersetzerin", die uns hier im Forum bat, hat nun mehrere "Angebote" von uns vorliegen. Sie hat sich noch nicht geaeussert.

"Wort zu Wort - Uebersetzungen" sind fast unmoeglich. Man hat immer eine "Idee des Ganzen" im Kopf Oder wie sonst sollte man Goethe mit
"Die Sonne toent nach alter Weise in Brudersphaeren Wettgesang ..." ins Englische, Spanische oder gar Chinesische oder Vietnamesische "uebersetzen"?

Ich versaeumte noch Đạm Tiên in Versen 2712 ff. : „Mơ màng phách quế hồn mai,Đạm Tiên thoắt đã thấy người ngày xưa…“ , ungefaehr : Đạm Tiên erschien ihr (Kiều) (im Schlaf) , und weiter : … zehn lange Jahre – auf sie wartend … zerbrechlich sei das Schicksal, doch gross ihre Tugend … und rein ihr Herz (Lòng Herz) …
.
Gruesse, Catinat

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