Schicksalsberichte von Boat People

Anmeldungsdatum: 03.09.2003 Beiträge: 2

Hallo Mulan,
also gut hier meine Geschichte.
ich bin 1981 mit meine Mutter und zwei Brüder aus Vietnam geflohen.
wir sind mit über 70 Menschen in einem 7 m langen und ca. 3 m breiten Boot in der Gegend Vung Tau geflüchtet.
ich war damals 10 Jahre alt und hatte sehr sehr Angst, den man hörte damals viel von Bootsflüchtlinge die umgekommen sind durch Piraten, stürmische See oder durch die vietnamesischen Marine. Also wir waren ca. 4 Tage auf See und wir haben nur ein Glas Wasser am tag bekommen zu viert. Meine Mutter hat natürlich nie was getrunken sondern uns 3 Brüder gegeben.Am zweiten oder dritten Tag war kein Trinkwasser mehr vorhanden und aus lauter Verzweilung haben wir Meerwasser unseren Lippen naßt gemacht und das ein Fehler den es hat sehr gebrannt.
Am vierten Tag wurden wir von einem norwegische Tanker gerettet.
Mann tut das gut die Geschichte zu erzählen, habe ich schon fast vergessen.
Das darft nicht vergessen werden, so viele Menschen sind bei Flucht gestorben, man sollte eigentlich na wie sagt man da eine.... Denkmal errichten oder?
Gruß Sehr glücklich

**Gast**

Lieber Dragonfly,

vielen Dank für deinen Erlebnisbericht. Du bist bisher wirklich der einzige "Boat-People" hier im Forum, der seine Geschichte erzählt hat. Vielleicht ermutigt das auch die anderen, von ihren Erlebnissen zu berichten.
Ich stimme dir zu, dass dieses Elend, diese Not von damals, niemals vergessen werden soll und ein Denkmal wäre keine schlechte Idee. Vielleicht sollten wir hier ein virtuelles Denkmal errichten.
Ich bemühe mich, in der Kategorie "Boat People" hin und wieder Auszüge aus einem Buch zu schreiben, wenn es meine Zeit erlaubt und ein paar Bilder aus dem Internet hineinzubringen.

Ich danke dir noch einmal sehr für deinen bewegenden Schicksalsbericht.

Viele Grüße,
~Mulan~

Anmeldungsdatum: 03.09.2003 Beiträge: 2

Hallo Mulan,
ich sollte Dir danken für dieses Thema, finde ich sehr gut. Wie bist Du auf dieses Thema gekommen? Hoffentlich schreiben noch mehr vietnamesen ihren Geschichten.

Vielen Dank und noch einen schönen Tag

Gruß
Long

**Gast**

Hallo Long,

dieses Thema "Boat People" beschäftigt mich seit meiner frühsten Kindheit. Ich sah die Fernsehsendungen, die täglichen Nachrichten über die Boat People und bat sogar meine Eltern, ein Kind aus Vietnam zu adoptieren. Das war natürlich, auch wenn sie es gewollt hätten, nicht möglich, da wir in der DDR eingesperrt waren. Außerdem war das Thema "Bootsflüchtlinge" in der DDR tabu, da es ja "die Bösen" waren, die Kapitalisten. Die "Guten" waren für uns die Vietcong. Uns wurde sogar in der Schule dieses Feindbild eingegeben und das war eine große Gemeinheit, uns kleinen Kindern zu berichten die eine Seite ist lieb und die anderen sind Verbrecher. In den DDR Schulen wurde stets und ständig für die Solidarität mit Vietnam Geld gesammelt, also war das Thema in meinen ersten Schuljahren ständig präsent und ich habe mich oft damit beschäftigt.

Dank dem Internet lernte ich vor 3 Jahren einen echten "Boat People" kennen. Wir wohnten sehr weit entfernt voneinander und mussten weit reisen um uns zu besuchen. Leider ging diese Freundschaft nach 2 Jahren aus verschiedenen Gründen in die Brüche. Dieser Mann (ein chinesischer Vietnamese aus Saigon) war sehr faszinierend und ich konnte viel über Vietnam und das Leben der Vietnamesen hier und dort erfahren. Ich bin heute sehr dankbar dafür, dass ich ihm begegnen durfte. Ich vermisse diese fremde Kultur, obwohl ich selbst nicht dazu gehöre. Ich finde nichts interessanter als asiatische Menschen und deren Art zu leben und zu denken.
Das Thema: "Boat People" wurde durch meinen Ex-Freund wieder aktuell, denn er machte genau wie du, lieber Long, Schlimmes durch und wurde mit Gottes Hilfe gerettet. Er hatte so großes Glück, dass der ganzen Familie, die alle auf verschiedenen Booten fuhren, die Flucht nach Hongkong, Frankreich,Australien, Deutschland und USA gelungen ist. Es kam niemand dabei um oder wurde von Piraten angegriffen. Das ist ein riesiges Glück und so versuche ich zu verstehen, was denn aus den anderen geworden ist, die dieses Glück nicht hatten und wie es ihnen ergangen ist oder wie anderen die Flucht gelungen ist.

Vielen Dank für deinen Bericht. Vielleicht weißt du noch mehr im Detail zu erzählen? Wie ging es nach der Rettung weiter?

~Mulan~
[img]http://members.aol.com/Pikachu11211/Kerze02.gif[/img]

[Editiert durch Mulan ein Freitag, 5. September 2003 @ 18:21]

**Gast**

Ich bin selbst Bootsflüchtling der Cap Ananmur I, finde es auch schade, dass so wenige ihre Geschichte erzählen. Vielleicht fühlen sich die Boat People hier nach einigen heftigen Diskussionen nicht echt 'aufgehoben'? Is da wieder dieses ewige unterschwellige Misstrauen der hier lebende Vietnamesen ihren Landsleuten gegenüber, weil die Angst vor der 'Stasi' noch tief in ihren Knochen sitzt? (ja, in VN gab es auch Informanten, die für Geld ihre Freunde, Nachbarn und selbst eigene Familienmitglieder verraten haben!) Übrigens: die vietnamesische Stasi wäre ein heisses Thema für die nächste Diskussionsrunde.

Nun zu meinem Erfahrungsbericht, zwar nicht über die Flucht an sich sondern eher über den jenen Ort, von wo aus viele tragische Reisen begannen: Vung Tau, (Bai Truoc).

Meine Eltern betrieben dort ein Restaurant, das gegen Ende der Siebziger von vielen chinesischstämmigen Vietnamesen frequentiert wurde, bevor sie mit ihrer tragischen Reise aufbrachen. Diese Leute durften damals 'legal' gegen Bezahlung an den Staat mit dem boot das Land verlassen, da sie offiziell 'Chinesen' waren. Oft ankerten direkt hinter unserem Haus Boote die später meistens in der Dunkelheit und völlig überfüllt verschwanden.
In dieser Umgebung von Aufbruch tummelten auch sehr viele nicht-chinesischstämmige Vietnamesen die im letzten Moment ihren Platz auf einem dieser Boote zu 'erkaufen' hofften. Viele dieser Boote kamen nicht weit. Sie sanken irgendwo draussen im Meer und Tage später entdecken entweder Fischer Leichen in ihren Netzen oder die Überreste jener Leute trieben an den Strand.
In den Jahren nach der 'chinesischen' Exodus blieb Vung Tau weiterhin der Schauplatz, wo nun die 'Boat People' ihre Pläne schmiedeten. Die tragischen Taferele wiederholten sich immer wieder von Zeit zu Zeit: Fischer kamen mit 'vollem' Netz zurück oder es lag wieder jemand regungslos am Strand... Viele sind zum Glück 'angekommen'. Andere wurden erwischt und wanderten ins Umerziehungslager. Viele dieser Leute probieren es dann später erneut insofern sie die Mittel dazu hatten. Andere gingen mit ihrer Familie zu Grunde, weil all ihr Besitz nach der Verhaftung durch den Staat konfisziert wurde....

(Fortsetzung folgt..)

**Gast**

**Gast**

Hi Haig,

Ich kenne mich leider noch nicht so gut aus mit der bestehenden 'Diskussionskultur' unserer Landsleute im Internet. Erst seit Kurzem habe ich die Zeit mich mit dem Ganzen hier auf dem Net zu beschäftigen.. Ich persönlich bin offen für alle Meinungen. Beschimpfungen und Beleidigungen sollten keinen Platz haben im Umgang mit anderen Mitmenschen, ob es nun im Net ist oder sonst wo. Respekt für Anderen, die andere Ansichten haben muss schon sein. Das ist meine eigene Grundeinstellung.

Gruss

**Gast**

Dafür Danke, dada. Smilie

Ich hoffe es wird künftig noch andere Themen zu Vietnam geben. Das mit dem "Boat People Forum" meinte ich im Ernst aber auf keinen Fall negativ!!! Aber erfahrungsgemäss entwickelt diese Diskussion eine rasante Eigendynamik. Es scheint hier ein reges Interesse daran zu geben und da ich wirklich dieses Vietnam Forum nicht alleine nur mit dieser Thematik überlasten will halte ich es für eine gute Idee, wenn einer von Euch so ein gesondertes Forum ins Netz zur Diskussion zur Verfügung stellt und es selbst als Webmaster betreut.

Gruss
haig

**Gast**

Hallo Dada,

vielen Dank für deinen Schicksalsbericht. Es wäre schön, wenn du bald eine Fortsetzung schreiben würdest.
Ich mache mir nachher die Arbeit und schreibe auch unter dem Thema "Boatpeople", welches ich einst begonnen hatte, eine Fortsetzung.

Eines Tages möchte ich viele Berichte von Bootsflüchtlingen aus Vietnam in einem kleinen Buch zusammen tragen. Meine Tante ist Schriftstellerin und sie hat sich bereiterklärt, mein zukünftiges Buch eines Tages zu unterstützen.

Viele Grüße,
~Mulan~