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 Im Schatten des Mangobaums

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Cathrin
Gast










BeitragVerfasst am: 26.02.2011, 16:34    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Unter den vietnamesischen Literaten nimmt Hồ Xuân Hương sicher eine herausragende Stellung ein. Sie wird oft als die groesste Dichterin Vietnams bezeichnet. Dabei sind die Inhalte vieler ihrer Werke hoechst umstritten. Bei manchen bestehen sogar Zweifel an der Echtheit.

In ihrem Lebenslauf gibt es viele Luecken. Weder ihr Geburts- noch ihr Todesjahr sind genau bekannt. Geboren ist sie zwischen 1775 und 1780, gestorben in der Mitte der 1820er Jahre. Ihre Gedichte wurden zunaechst nur muendlich ueberliefert. Die erste gedruckte Sammlung ihrer 50 erhalten gebliebenen Werke stammt aus dem Jahre 1909. Viele Legenden und Mythen ranken sich um ihr Leben. Dank der sproeden, oft derben Texte, die ihr zugeschrieben werden, nimmt Hồ Xuân Hương eine einzigartige Stellung in der vietnamesischen Literatur ein. Basierend auf ihrer Poesie, nimmt man an, dass sie viele Liebhaber hatte. Ueberliefert ist davon allerdings nichts. Es koennte sich auch lediglich um Phantasien gehandelt haben.

1985 erschien im Verlag Simon & Magiera, Muenchen unter dem Titel Augen lachen, Lippen bluehen ein kleiner Band mit erotischen Gedichten aus Vietnam (ISBN: 3-88676-020-0, Herausgeber:Tiến Hữu), der auch einige Werke von Hồ Xuân Hương enthaelt. Leider konnte ich das Buch bis heute nicht auftreiben.

Viele Gruesse
Cathrin

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Catinat
Gast










BeitragVerfasst am: 26.02.2011, 18:54    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Hồ Xuân Hương – hoechst umstritten, ja. Das gehoert doch zum Reiz der Poesie wie das Salz in der Suppe. Das Schweben im Ungewissen : Traum, Fantasie – Wirklichkeit ?

Die vorwiegend muendliche Ueberlieferung war auch der Umstand , der mich dazu brachte, sie im Zusammenhang mit den Ca Dao “aufzutreiben”.

Ich bin ab Ende Juni fuer 6 – 8 Wochen in Deutschland und muss in dieser Zeit “Augen lachen, Lippen Bluehen”, vom Herausgeber Tiến Hữu, um das ich mich von hier aus auch schon bemueht hatte, bekommen . Ich werde versuchen, es zweimal zu bekommen und beide nach Vietnam mit zu bringen.

Zur Zeit : 1mal neu, zu 35 Euro, 4mal gebraucht zu 12,60 bis 26 Euro bei Amazon.

Tiến Hữu brachte auch einiges Erotisch-Kulinarisches (Vietnam. Kochbuch der Sinne, 1999, z.B.) heraus oder 1983 : Das Schwein hat kein Vaterland. Das Schwein in der vietnamesischen Kueche. Rezepte und Lieder.

Und noch ein kleiner Uebersetzungsversuch zum englisch uebersetzten Text des Gedichts Hồ Xuân Hươngs , Picking Flowers, entsprechend den vorangegangenen:

Blumen pfluecken

Willst Du Blumen pfluecken, musst Du Dich schon auf Wanderschaft begeben,
nach oben klettern – sorge Dich nicht um Deine mueden Knochen,
rupfe die Zweige unten, reisse die oben nieder,
erfreue Dich der verwendeten Blueten ebenso wie der festen Knospen.”

Gute Nacht, Catinat

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Catinat
Gast










BeitragVerfasst am: 27.02.2011, 16:13    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Ein “harmloses” (?) Gedichtchen von Hồ Xuân Hương (1772 – 1822). Uebersetzungsversuch aus dem Englischen nach “poemhunter”, Gedicht Nr.1.

Von Hanoi aus bereiste und erwanderte in damals fuer Frauen eher unueblichen Weise Regionen in Nordvietnam und machte darueber auch Gedichte. Sie war also sehr vielseitig.

Herbstlandschaft

Tropfen auf Tropfen klopft auf die Bananenblaetter,
ein Lob dem, der diese oede Szene so skizzierte :
Die ueppigen, dunklen Baldachine der knorrigen Baeume,
der lange Fluss, sanft und weich gleitend.
Ich erhebe mein Weinflaeschchen, trunken von Fluessen und Huegeln.
Mein Rucksack atmet Mondlicht, haengt schwer mit Gedichten durch.
Schau – und es liebt ein jeder,
wer auch immer das sieht, wie diese Landschaft betaeubt.”

Viele Gruesse, Catinat

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Catinat
Gast










BeitragVerfasst am: 27.02.2011, 19:39    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Hồ Xuân Hương (1772 – 1822)

Uebersetzt ins Englische wie auch alle vorherigen Beispiele von Nguyen Ngoc Bich bei www.poemhunter.com : http://www.poemhunter.com/poem/the-jackfruit/

Und dann versuchsweise privat aus Nguyen Ngoc Bichs englischer Uebersetzung ins Deutsche uebersetzt:

Die Durian

Ich bin wie eine Durianfrucht am Baum.
Um mich zu kosten musst Du schnell pfluecken, solange ich nochfrisch bin,
die Haut rau , das Fruchtfleisch dick,ja,
aber doch, ich warne Dich vor Beruehrung -
der reichhaltige Saft wird herausquellen und Deine Haende beflecken. “


Ein weiteres Bild von Hồ Xuân Hương , vielleicht nicht so idealisiert: http://en.wikipedia.org/wiki/File:Ho_Xuan_Huong.png .


Guten Wochenanfang, Catinat

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Catinat
Gast










BeitragVerfasst am: 28.02.2011, 06:12    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Ca Dao,
eigene freie Uebersetzung nach der angegebenen Quelle J. Balaban, Copper Canyyon Press 2003.
In einem Ruderrhythmus abwechselnd von Maedchen und jungen Maennern im Boot zu singen :

Raetselhaft

Die Maenner : Dein Gesicht ist so huebsch mit Make-Up.
Wie viele stramme Burschen kann Dein Boot aufnehmen ?

Die Maedchen : Dies Boot ist laenglich und mit Tiefgang.
Kuerzlich transportierte es Deines Vaters Sarg. “

Viele Gruesse, Catinat

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Catinat
Gast










BeitragVerfasst am: 28.02.2011, 14:57    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

So, ich will jetzt auch mal reisen. Ab Mittwoch. Eher spontan und nur mit dem Rucksack ( Meine Lieblingsdichterin Hồ Xuân Hương schrieb doch : “Mein Rucksack atmet Mondlicht, haengt schwer mit Gedichten durch.” An einen Arm des Mekong in eine Huette auf Stelzen mit meinem Schwager. Der naechste “Supermarket” ist 400 m weit, hat Zigaretten (gegen die Muecken) und einige Paletten Bier und suesse Kartoffeln auf seiner 15 qm Grundflaeche und einige Huehner und Kinder und nette Leute ueberhaupt. Das Essen schwimmt im Fluss , eigentlich hasse ich angeln. Endlich mal in Ruhe ohne Motobikes in den Hacken und im Gehoer, ohne TV das lesen, was ich schon fast ein ganzes Leben lang vorhatte, Goethes “Die Wahlverwandtschaften” und “Wilhelm Meisters Lehr- und Wanderjahre”. Am Mekong. Am schoensten ist es - farblich, geraeuschmaessig, stimmungsmaessig - : vor Sonnenaufgang. Und immer wieder mal ein Gedicht von Hồ Xuân Hương und ein Ca Dao , so wie dieses :

Vietnamesisches Ca Dao, etwa 1970 – 72 von John Balaban aufgenommen und
in englischer Sprache veroeffentlicht in http://www.johnbalaban.com/ca-dao.html .

Im Wechsel im Boot, am Fluss zu singen. Daraus versuchsweise privat ins Deutsche uebersetzt :

“Ueber Voegel sprechen

Sexy und verfuehrerisch ? Das ist das kleine Moorhuhn.
Beleidigendes Verhalten ? Das ist der eklige Cormoran.
Sklaven wie die Ameisen ? Ja, die ziehende Knickente.
Fast anstrengend, um zu ueberhoeren ? Drongokuckuck schnueffelt in den Baeumen.
Zitterig in den Knien ? Der spindelduerre braune Reiher.
Hungrig auf Kaldaunen ? Die Pelikane gruendeln.
Hungrig um die Haeuser ? Da, die pfeilschnellen Lerchen.
Einen Bootskoerper stakend ? Der Pfau spreizt seine Kuenste.
Roter Kamm, blaue Federn ? Das ist der Dschungelfasan.
Unangenehm zaenkisch ? Der hinterhaeltige Kiebitz.
Bekam ein magisches Farbenbuch ? Wahrsager Falke !
Nie verheiratet, nie gefangen . Das ist Herumtreiber Taucher.
Kamerad noch lange Zeit nach dem Tod ? Der arme Witwentroester.
Ein Herz, so schwer wie Blei ? Das ist der neckende Eichelhaeher.
Eier, aber nicht behuetend ? Entenvoegel leben auf diese Weise.

Herumsitzend, ueber Vogelarten sprechend,
waechst der Nachwuchs heran und kuemmert sich um seinesgleichen.
Schau, der Weber ist klug und weise.
Eulennester nur auf der Inselkante.
Sieh da : die Elstern haben Neuigkeiten gebracht,
wenn sie schweben, dann rufen, unsere Schwestern kommen schon.
Aber Kraehen, wirklich, sind ganz wie wir, wenn sie kraechzen
von weitem : Wisch es weg . Die Reise ist vorbei. “


Immer wenn ich nach einiger Zeit neu nach Vietnam komme, faellt mir eine Kleinigkeit auf : da sind die Voegel wieder, die in der Jugend in Deutschland Luft und Boden beherrschten : die Spatzen. In Deutschlands Staedten regieren jetzt mehr die Tauben, in Vietnam die Spatzen, wie schoen.

Viele Gruesse, Catinat

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Catinat
Gast










BeitragVerfasst am: 09.03.2011, 12:06    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Ein weiteres Gedicht von Hồ Xuân Hương (1772 – 1822) , von Professor Nguyễn Ngọc Bích 2004 fuer Poem.Hunter.Com , The World’s Poetry Archive, ins Englische uebersetzt : http://www.poemhunter.com/poem/confession-iii/

Ich bin ueberrascht davon, dass die Motive der vietnamesischen Dichterin so aehnlich sind wie Motive ungefaehr in der Zeit auch in Europa. Das kann eine Taeuschung sein, hervorgerufen durch die Uebersetzer. In Europa hatte J.J. Rousseau mit dem Erscheinen seiner “Confessions” 1782 die Tradition des Bekenntnisse – Schreibens wieder aufleben lassen.Das Lebensgefuehl darin ist aehnlich melancholisch. Auf der anderen Seite wird aber m.E. der interkulturelle Austausch in aelterer Zeit ueber grosse Entfernungen , ueber welche Kanaele auch immer, unterschaetzt.

Ich habe versucht, den von Nguyễn Ngọc Bích (auch er hat einen interessanten kosmopolitischen Lebensweg http://www.viethoc.com/Ban-Ging-Hun/nguyen-ngoc-bich ) englisch uebersetzten Text bei den Poem Hunters ins Deutsche zu uebertragen :


Bekenntnis III
Das Schicksal liess ihr einsames Boot ziellos gleiten
in des Stromes Mitte, beladen mit Traurigkeit, treibend.
Ihr Laderaum mit Pflichten und Gefuehlen ueberbordet,
der Bug von Stuermen angeschlagen, schwankend hin und her.
Sie rudert weiter, nicht achtend den, der anzudocken versucht,
sie segelt weiter, nicht achtend den, der sie in Stromschnellen zieht.
Wer auch immer an Bord kommt ist voll Freude,
wenn sie in die Saiten ihrer Gitarre greift, traurig und fortgleitend. “

Freundliche Gruesse, Catinat

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Catinat
Gast










BeitragVerfasst am: 09.03.2011, 18:54    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

« Cathrin » hat folgendes geschrieben:
Dabei sind die Inhalte vieler ihrer Werke hoechst umstritten.
Cathrin


Gut ausgedrueckt. Genau das ist ja ein wesentliches Qualitaetsmerkmal aussergewoehnlicher Literatur : Umstrittenheit. "Gegen den Strich", gegen das Gewohnte, allzu Vertraute anschreiben ; neue Wege in Form und Inhalt finden. Anecken.

Aus der gleichen Quelle wie “Bekenntnisse III” nach der Autorin Hồ Xuân Hương (1772 – 1822) und dem Uebersetzer Nguyễn Ngọc Bích in Poem.Hunter.Com , The World’s Poetry Archive, 2004 :

http://www.poemhunter.com/poem/day-and-night-24/ , mit dem Versuch es auf Deutsch nach zu erzaehlen .


Tag und Nacht


Kuckuck – wo bin ich ? spielten wir immer;
meine Haende bedeckten mein Gesicht .
Deine Haende bedeckten dein Gesicht.
Unglaublich, wie wir dabei verschwanden.

Und so spielen wir es heute : deine
Haende auf meinem Gesicht und meine Haende
auf deinen Augen. Unglaublich
wie wir verschwinden, einer im andern. “

Freundliche Gruesse, Catinat

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