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 Bedrohung durch Rechtsradikalismus in Deutschland Ost und We

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Micha L






Anmeldungsdatum: 19.11.2003
Beiträge: 2668
Wohnort: Leipzig


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BeitragVerfasst am: 17.08.2011, 16:58    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

« Courti » hat folgendes geschrieben:
Witze und abfällige Bemerkungen über Minderheiten kommen auch bei mir im Bekanntenkreis vor.
Abfällige Bemerkungen sind natürlich immer dumm,


Über Bäuche und lange Nasen wird in Vietnam nicht zu knapp gelästert.
Das Anderssein bietet wohl überall Anlaß dazu.

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Pho_Bo
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Anmeldungsdatum: 27.02.2009
Beiträge: 745
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BeitragVerfasst am: 17.08.2011, 21:41    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Früher habe ich mal alles geglaubt..insbesondere die grassierende Ausländerfeindlichkeit in DE.Mit der Zeit war ich aber mit meiner ausländischen Frau in vielen Teilen der BRD unterwegs-Die meisten Pöbeleien mussten wir von gewissen Migrantengangs ertragen...sei es in NRW,Hamburg oder anderswo.Ich war auch auf einigen Veranstaltungen im Osten,wo unter anderem Neonazis sichtbare Präsenz zeigten.Von dene hat uns nie einer dumm angemacht.Manchmal denke ich über diese paradoxen Situationen nach.

Rassismus und Ausländerfeindlichkeit entsteht doch erst,wenn es den Leuten schlecht geht.Es entsteht quasi Futterneid.Immer und überall sind die anderen schuld,egal wie die Politik versagt hat.Rechtradikalismus ist kein deutsches Phänomen.In der USA und Russland weitaus radikalere Strömungen.

MfG Bo

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Catinat
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BeitragVerfasst am: 17.08.2011, 22:54    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Ich vermeide zu sagen : „In … herrscht eine hohe oder höhere Fremdenfeindseligkeit ….“ Das ist ungerecht gegenüber denjenigen vielen , die dort auch leben, aber frei sind davon.

Eine genetische Veranlagung gibt es wohl nicht, zumindest ist sie nicht nachgewiesen.

Sonst haben mir alle Beiträge dazu geholfen, das Phänomen etwas besser zu verstehen, dass im Osten mehr Menschen fremdenfeindlich eingestellt zu sein scheinen als im Westen, wo ich mich auskenne.

Besonders den Beitrag von Micha_L mit den Beobachtungen zu den ökonomischen Bedingungen im Osten dazu fand ich schlüssig.
Ich glaube, ausgemacht zu haben, dass es eine Erklärung nicht für Fremdenfeindlichkeit aber für die eher harmlose Form des Lästerns über Anderssein gibt.

Identifikation mit der eigenen Gruppe , sei es Familie, Geschlecht, Peergroup, Interessen- oder soziale Gemeinschaft, Nation, Rasse ist für die Entwicklung des Individuums auch wichtig. Es erfährt die „Begrenzung“ seines Standortes, und die Annäherung an Klarheit darüber ist schon bedeutsam für das „Wer, was bin ich ?“. Verschwommenheit, Unklarheit darüber ist nicht förderlich. Es muß dabei auch mit gewisser Trennschärfe erfahren werden : „Wer , was bin ich nicht ?“

Ein diffuser MultiKulti-Brei in der Jugend kann bei manchen Identifikationsunsicherheiten auslösen.

Man sollte m.E. nicht den Anschein erwecken, alles sei irgendwie „gleich“ .

Man sollte dafür die natürliche Neugier des Kindes erhalten, seine Identifikationsgrenzen zu respektieren und von Mal zu Mal zu überschreiten, um das Fremde zu erforschen, mit Gelegenheit, sich dann wieder auf das „Eigene“ zurück zu ziehen.

Die schulischen Lehrpläne sollten nicht voreilig bloß auf eine vermeintlich gemeinsame , „internationale“ Quelle ausgerichtet werden , sondern „das Fremde“ gleichgewichtig behandeln und „Appetit“ darauf machen und die Neugier erhalten. Fremdsprachenunterricht dazu : ganz wichtiger Transporteur von Inhalten dazu.

Die hoffentlich jungen LehrerInnen dafür sollten auch vom Typ her besonders in Problemgebieten geeignet sein. Der Fuzzi-Sozialpädagogentyp mit einseitig multikultureller Einstellung wird dort, wo es brennt, nicht ernst genommen und verschlimmert Fremdenfeindlichkeit. Die besten Erfahrungen wirkungsvoller Steuerung schwieriger Personen und Gemengelagen zum Beispiel bei der LehrerInnenausbildung im Ruhrgebiet habe ich bei zwei „Typen“ ausgemacht :

einen hohen Respekt genießt die junge, energische Lehrerin , sachlich, klar in ihren Ansprüchen, Grenzen deutlich ziehend, was auch die klare Kennzeichnung und Begrenzung ihrer weiblichen Rolle gegenüber schwierigen jungen männlichen Adoleszenten betrifft.Die lernen ohne viele Worte : Distanz und Nähe, Respekt.
Herrlich für mich, wenn ich zum Unterrichtsbesuch in eine solche als äußerst schwierige, multinationale , oft : angeblich „nicht zu händelnde“ Klasse kam :

die junge Lehrerin, einen Kopf kleiner als ihre zur verbalen Radikalität mit manchmal schon zum Kriminellen neigenden 16 – 20 jährigen männlichen Schüler, sie fast nicht zu erkennen – aber die großen, breitschultrigen „Brecher“ „aus dem Milieu“ fraßen ihr sozusagen aus der Hand, charmanter ausgedrückt : sie wickelte sie, ohne es selber zu merken, „um die Finger“.
Der zweite, oft erfolgreiche Typ : der junge Lehrer, der nicht zu viel „Konkurrent“ ist der Jungen , der Gefährdeten, auch nicht „Feind“ ,sondern : respektierter „Gegner“. Da ich vom Sport her gelernter Boxer bin, konnte ich auf der Grundlegung von „Respekt“ als der Grenze zwischen Ich und Du auch allmählich Vertrauen und Wärme aufbauen in solchen Gruppen, aus denen Rechtsradikale oft hervorgehen.

Die in Kürze beschriebenen Vorgänge werden übrigens ganz hervorragend an bilingualen Schulen, nach meiner Beobachtung zum Beispiel an der GISS, der GERMAN INTERNATIONAL SCHOOL in SaiGon, und an der französischen Ecole Colette, gefördert.

Die Entwicklung der unabdingbar notwendigen personalen Identifikationen findet bei einigermaßen sicheren Gegebenheiten der Umwelt für das Kind, den Jugendlichen in der Auseinandersetzung mit den eigenen und den fremden Einflüssen auf natürliche Weise statt.

Neben der Entwicklung von „Identifikation“ des Ich mit seiner Umgebung ist als zweiter, gleichgewichtiger Strang m. E. die Entwicklung von „Einfühlung“ , von Empathie , für den Nächsten und für den Entfernteren schrittweise zu fördern.

Alles, damit Fremdenfeindlichkeit in bedrohlicher Form nicht entsteht, sich nicht nach dem Muster des konditionierten Lernens festsetzt.

Pädagogik ist schon eine Sache für die Fachleute dafür. Die müssen für diese Fragen hervorragend ausgebildet sein und die Methoden dazu beherrschen. Man kann das lernen ! Der Experte : er MUSS das lernen.

Zurück zum Ausgangspunkt , der „harmlosen Form des Lästerns über Andersseins“ : Ich unterstütze das Lästern als eine entwaffnende Form der Identifikationsfindung und –zuweisung im Kontext von gezielten, professionellen Erziehungsmaßnahmen. „Fidschi“ ? na ja … der gut geschulte Pädagoge greift das auf, lässt die dadurch „Bedrohte“ Schimpfwörter für die Beschimpfer erfinden, lässt das rollenspielartig mit Perspektivwechselmethoden (!) vor- und nachspielen, auch immer sehr lustig, nie bierernst, lässt es „singen“, flüstern, schreien, im Chor, alleine vor … ach, der angehende Profi lernt diese 100 Methoden dazu . In der LehrerInnenausbildung an meinem Institut im ausserordentlich multikulturellen Ruhrgebiet war das : „Curriculum“, Pflichtlernprogramm. Unterstützt von der RAG, der Ruhrkohle AG , zum Beispiel – mit Antiagressionsprogrammen.

Ich weiß nicht, wie die Pädagogik in den östlichen Landesteilen funktioniert (hat). Ob es da Defizite , Schludrigkeiten, Nicht-Wahrnehmen , Versäumnisse im Hinblick auf den universellen , wissenschaftlichen pädagogischen Entwicklungsstand gegeben hat. Vielleicht im Vertrauen auf zu einfache „ideologische“ Vorgaben ? Ich weiß es nicht.

Es gäbe noch von tausend Erfahrungen zu diesem Thema aus dem „Ruhrgebiet“ zu berichten, aus Gelsenkirchen, Essen, Dortmund, Duisburg, Oberhausen ..., gelungenen und mißlungenen. Zur Ausländerfeindlichkeit (nicht nur der Deutschen) .
Aber : für mich ein eher total „spannendes“ , hochinteressantes Terrain , in dem ich mich eigentlich noch gerne tummele. Je schwieriger, umso interessanter. Ich war gerne dort, wo es brennt. Je mehr „Fremdenfeindlichkeit“ im Rahmen der Schulzeit – umso besser habe ich mich in meiner nicht schlecht bezahlten Rolle gefühlt. Manchmal mit Erfolg Smilie . Eigentlich schade, daß es vorbei ist. Ich wäre noch gerne in den „Osten“ gekommen. Na ja.

Freundliche Grüße, Catinat

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BeitragVerfasst am: 18.08.2011, 06:12    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Zitat:
Rassismus und Ausländerfeindlichkeit entsteht doch erst,wenn es den Leuten schlecht geht.


Es gibt noch eine grosse Macht, die ganze Voelker beeinflussen kann. Dieser Macht "entkommt" man nur, wenn man sie zu verstehen mag und auch mal zwischen den Zeitel liest. Diese Macht basiert auf Sensationen und duerstet nach Katastrophen. Sie spricht selten ueber positive Ereignisse und ist immer gegenwaertig.
Dreht Juergen jetzt durch???? Nein eher nicht. Ich meine die Macht der Presse und des Fernsehens.

Beste Gruesse

Juergen

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Ich bin was ich bin. Ein Deutscher der in Vietnam lebt und gerne in seiner neuen Heimat ist. Smilie

https://www.facebook.com/juergen.eichhorn.77

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Cathrin
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BeitragVerfasst am: 18.08.2011, 10:47    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Ich finde, man sollte hier zwei Dinge unterscheiden. Witze und abfaellige Bemerkungen gibt es wohl ueber jedes Volk. Die haben aber in den wenigsten Faellen etwas mit Auslaenderfeindlichkeit oder Rechtsradikalismus zu tun. Ich empfinde den Ausdruck "Fidschi" auch nicht unbedingt als eine Beleidigung. Ein echter Vietnamese mag das aber ganz anders sehen.

Wie ich hier an anderer Stelle schon einmal ausgefuehrt hatte, musste ich waehrend meiner Schulzeit in Fuerstenwalde so einige Erfahrungen mit Neonazis machen. Fuerstenwalde war damals eine "nette" kleine Stadt mit hoher Arbeitslosigkeit, in der das rechte Gedankengut unter Jugendlichen weit verbreitet war. Heute soll das nicht mehr so sein. Trotzdem bin ich nicht scharf darauf, die Stadt jemals wieder zu besuchen.

Als wir vor 10 Jahren aus Hanoi nach Brandenburg zurueckkamen, fand ich mich am Gymnasium in einer Klasse wieder, in der etwa ein Drittel der Schueler solchem Gedankengut anhingen. Mit denen musste ich vier Jahre in einem Klassenraum verbringen. Besonders bitter fuer mich war, dass dazu auch einige meiner ehemaligen Freunde aus der Grundschulzeit gehoerten. Gemobbt wurde ich aber nicht in erster Linie wegen meines etwas anderen Aussehens. Ich war ja im Prinzip auch keine Auslaenderin, auch wenn ich mich oft als eine solche gefuehlt habe. Gemobbt wurde ich vor allem wegen meines aktiven Engagements in der Antifa Berlin/Brandenburg , meiner Mitgliedschaft in der PDS und wegen meiner Entscheidung, Deutschland nach dem Abitur fuer immer zu verlassen. Worte wie "Verraeterin" gehoerten da noch zu den harmloseren.

Hoehepunkt dieses Mobbings waren mehrere koerperliche Angriffe. Die fanden natuerlich nicht in der Schule statt, denn so dumm waren die Typen nun auch wieder nicht. Sie schickten naemlich ihre aelteren gleichgesinnten "Freunde" vor. Beim Surfen auf dem Scharmuetzelsee verhinderte einmal nur die Anwesenheit von Zeugen schlimmeres. Die Polizei sah sich angeblich nicht in der Lage, mich zu beschuetzen. Mein Stiefvater hatte mir damals angeboten, zu ihm nach Berlin zu ziehen und dort zur Schule zu gehen. Aber ich bin eigentlich nicht so ein Typ, der vor etwas davonlaeuft. Obwohl sich die Situation dann in der 11. und 12. Klasse wieder etwas entspannte, habe ich bis zum Ende meiner Schulzeit aus Sicherheitsgruenden mein Moped nie auf dem Parkplatz vor der Schule abgestellt, sondern immer bei Bekannten in der Garage.

Bezahlt habe ich dafuer mit Albtraeumen, die allerdings erst einige Zeit spaeter auftraten und u.a. dazu fuehrten, dass ich bei einem Besuch in Bad Saarow im August 2006 meine Heimat nach zwei schlimmen Naechten fluchtartig in Richtung Berlin verlassen habe. Dort habe ich mich eigentlich immer sicher gefuehlt. Ganz ueberwunden habe ich das Trauma bis heute nicht, obwohl die Ereignisse nun schon fast 10 Jahre zurueckliegen. Von daher kann ich die Entscheidung der vietnamesischen Studentin, Magdeburg zu verlassen, sehr gut verstehen. Als eine Bedrohung fuer die gesamte deutsche Gesellschaft empfinde ich den Rechtsradikalismus trotz meiner schlechten Erfahrungen aber nicht.

Viele Gruesse
Cathrin

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AndyNguyen




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BeitragVerfasst am: 18.08.2011, 16:59    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Was Cathrin da schildert, sind persönliche und besonders schlimme Erfahrungen. Leider gibt es Ecken von Berlin in denen die Verdichtung von den neobraunen Schwachköppen besonders stark zu sein scheint. Stellvertretend sei hier Köpenick genannt.

Die Weitlingstr. in Lichtenberg ist, dank des mutigen und jahrelangen Engagements der Anwohner inzwischen weitgehend nazifrei. Lieder war es wohl in Teilen der neuen Bundesländer in den unmittelbaren Nachwendezeiten in der Tat so, dass auch Teile der Polizei Anfälligkeiten für dieses Gedankengut zeigte. Von der VoPo direkt in die braunen Horden mit Zwischenstop in der Polizei, das war wohl ein Trend. Aber auch das scheint weitgehend überwunden.

Ich habe allerdings in den Altbundesländern zwischen 1979 bis zur Wende die Erfahrung gemacht, dass die Grenzen zwischen konserativ und rechtslastig doch eher verschwommen waren. Eine andere Paralelle sehe ich im Ende des Naziregimes und dem Ende der DDR. Beide Systeme wurden abgeschafft.....aufgearbeitet wurden sie eigentlich nicht.

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(dt.: Jeder ist für seine Taten selbst verantwortlich)


Zuletzt bearbeitet von AndyNguyen am 18.08.2011, 17:04, insgesamt einmal bearbeitet

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Catinat
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BeitragVerfasst am: 18.08.2011, 17:00    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Solche wichtigen Informationen machen mich wütend. Und zwar auf die Instanz, die in dem Falle versagt haben muß : auf die Schule. Ich garantiere : an den Schulen, die ich im Ruhrgebiet und im Münsterland inspiziert habe, wäre eine solche Stimmung umgehend aufgearbeitet worden.

Die politische Arbeit einer Schülerin könnte, müsste ein Lehrer positiv unter dem motivationalen Aspekt „Neugier“ und dem unterrichtlichen Aspekt „Erweiterung der Einsicht in politische Mitarbeitsformen“ erzieherisch positiv nutzen.

Die politische Gemengelage in NRW ist gelegentlich auf einigen „Inseln“ explosiv. Zu solchen Inseln gehören Dortmund Borsigplatz , Dortmund-Dorstfeld, Gelsenkirchen-Buer , Aachen u.a.m. Überall arbeiten dort Kollegen aus meiner aktiven Zeit, zu denen ich noch Kontakt habe . Eine Kollegin in Gelsenkirchen-Buer, gerade 4 km von mir entfernt, arbeitet in einer Klasse mit 80 % Anteil türkischer Kinder. Dort, wo diese zuhause sind, wählen die Deutschen (vielleicht auch bestimmte Leute aus türkischen Familien mit Wahlrecht !? nicht ausgeschlossen ! !) zu 30 – 35 % NPD .
Die Ruhrkohle AG kümmert sich sehr engagiert um ein entspannendes Klima.

Die Lehrerinnen und Lehrer ziehen an einem Strang. Erziehung zur Akzeptanz kultureller Vielfalt ist methodisch für Erzieher weitgehend gut aufbereitet. Es gibt die üblichen kleinen , eher harmlosen Drängeleien, aber kein Mobbing. Echt harte Auseinandersetzungen habe ich erlebt zwischen Kindern und Jugendlichen aus „alteingesessenen“ türkischen Familien gegen Kinder aus den nachströmenden serbokroatischen, albanischen Gebieten. Auch Tunesier empfinden sich oft als „überlegen“. Aber deutsche Jugendliche erscheinen wenig als Täter oder Opfer. Bei aller Lautheit und bei dem Eindruck von Durcheinander : ich habe mich, wie die meisten gut ausgebildeten Kolleginnen und Kollegen bei der offenen Lebendigkeit sehr wohl gefühlt.

Die örtlichen Polizeiwachen stellen bei Schulen in Brennpunkten einen Kollegen als Ansprechpartner für Kinder und Jugendliche ab, der oft präsent ist und oft noch beliebter bei den Schülern ist als die Lehrer.
Dortmund-Dorstfeld ist ein Sonderfall. Im ansonsten eher rosa und roten Dortmund ein abgrenzbarer brauner Fleck.

Ich halte mal meinen Kopf hin und behaupte aus meinen Eindrücken : in der SED-Regierungszeit der DDR hat man es versäumt, in den Pädagogischen Hochschulen das Thema „Kulturelle Vielfalt und kulturelle Spannungen“ systematisch und konsequent methodisch für alle angehenden Lehrer in der Breite anzugehen , dafür keine kontinuierliche curriculare Tradition geschaffen und dieser Bruch rächt sich jetzt in der Form höherer Anfälligkeit für „rechte“ Gesinnung.
Bei den „engeren“ Gewaltexperten sind die aus dem Osten inzwischen wiederum gut, weil erfahren ; die holen wir uns z.B. rüber nach NRW in die Opfer-Beratungsstellen (in NRW 300 000 Euro dieses Jahr dafür bereitgestellt) für die ganz schlimmen Sachen.


Ich habe den Artikel verlegt : Anfang September soll es ein großes Meeting der Neonazis in Dortmund geben. Verschiedene Gruppen von Bürgern Dortmunds haben ihren Widerstand dagegen angesagt. Aber ärgerlich : In Berlin machen die Neonazis Werbung bei Ostbürgern und chartern Busse und versprechen den angeworbenen Teilnehmern Verköstigungsgeld und eine Dose Reizgas für jeden. Der „Beliebtheitsgrad“ der Leute aus dem Osten ist mit dem gleichzeitigen Anschwellen des Unverständnisses für die Soli-Weiterzahlung bis 2019 in der Mehrheit der Bevölkerung dieses Westteils natürlich nicht gestiegen.

Freundliche Grüße, Catinat

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NamNguyen




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BeitragVerfasst am: 18.08.2011, 17:20    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Zitat:
@Cathrin: Als eine Bedrohung fuer die gesamte deutsche Gesellschaft empfinde ich den Rechtsradikalismus trotz meiner schlechten Erfahrungen aber nicht.


Die Erfahrungen, die du gemacht hast, sind wirklich schlimm, und ich finde, dass du diesen Typen gegenueber schon sehr grosszuegig und tolerant bist. Denn ich denke, dass der Rechtsradikalismus, wenn es (noch) keine grosse Bedrohung, doch ein sehr ernst zu nehmendes Problem fuer Deuschland ist.

Ich persoenlich muss schon gestehen, dass trotz sehr sehr vielen guten Erfahrungen, die ich in Deutschland gemacht habe, waren mir diese "Skin Heads"-Typen immer etwas Dunkles, Unaerklaerliches, recht Uebles in der deutschen Gesellschaft. Sowas muss man mit aller Kraft bekaempfen.

Nam

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Micha L






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BeitragVerfasst am: 18.08.2011, 17:28    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

In England gibt es bei der Polizei auch starke ausländerfeindliche Tendenzen gegenüber Nichtweißen, ganz ohne vorhergehende Diktatur.
Das wurde im Zusammenhang mit den jüngsten Ereignissen berichtet und zwar auf die Zeit vor den Unruhen bezogen.

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Catinat
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BeitragVerfasst am: 18.08.2011, 18:13    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Fremdenfeindlichkeit hat überall unterschiedliche Wurzeln und Ursachen. In Vietnam gibt es viel Feindseligkeit gegenüber Dunkelhäutigen ; ein pakistanischer Freund, der bei uns ein mal jedes Jahr zu Besuch ist, bekommt das zu spüren, und ich merke das natürlich, wenn ich ihn begleite.

Mehrere vietnamesische Lehrer sagten mir , das habe als eine Wurzel im kollektiven Gedächtnis, daß die nicht dummen Franzosen damals schwarze Regimenter von sehr großen Senegalesen nach Vietnam schickten. Also auch eine ganz eigene Geschichte der Fremdenfeindlichkeit. England ist England. Deutschland ist Deutschland. Wir haben seit langem engen und zahlreichen Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen in Berlin und dem Osten. Über die GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft).Da wird auch heftig nach den Ursachen geforscht.

Freundliche Grüße, Catinat

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Micha L






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BeitragVerfasst am: 18.08.2011, 18:25    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Ich denke eher daß die Bevorzugung heller Haut in Vietnam die Ursache darstellt.
Vietnamesen vermeiden bekanntlich Bräune wenn es geht.
Wer noch dunkler ist als die dunklen Landsleute vom Lande, hat folglich ein noch geringeres Ansehen.

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Catinat
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BeitragVerfasst am: 18.08.2011, 18:41    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Nicht eher, aber auch.

Freundliche Grüße, Catinat

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Micha L






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BeitragVerfasst am: 19.08.2011, 08:42    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Wer kennt schon noch afrikanische Kolonialsoldaten.
Das Vergessen ist schnell, wie man auch in D sehen kann.

Aber der Horror vor Hautbräunungen (nicht aus hautmedizinischer Sicht) sitzt tief im Bewußtsein.
In Thailand, wo es nie Kolonialsoldaten gab, ist das nicht anders.
Du solltest mal hören was Bangkoker über ihre dunklen Landsleute z. B. aus dem Isaan denken.

Gruß

Micha

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Cong_Chua87




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BeitragVerfasst am: 19.08.2011, 09:56    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Das mit der Abneigung zur hautbräunung ist anders zu erklären. Jemand der braun gebräunt ist, ist meist ein armer Arbeiter oder Bauer...nur die Blässe vorweisen, haben die besseren Jobs meistens und die Zeit sich im Schatten aufzuhalten.
_________________
Trời ơiiiiiiii... @.@

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Catinat
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BeitragVerfasst am: 19.08.2011, 10:03    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Ach, Micha. Schon seit Jahren frotzele und ulke ich in Vietnam mit Gesprächspartnern herum : „He, Du willst Millionär werden ? Dann erfinde das Gegenteil vom europäischen Bräunungsstudio in Südostasien mit einem Entbräunungsstudio.“ Denkst Du, mir sind die langen Handschuhe zum Beispiel unserer Haushälterin beim Motobikefahren draußen bei 35 Grad Hitze entgangen ? Damit da ja nichts „anbräunt“. Meine Frau benutzt gelegentlich auch einen kosmetischen "Weißer". Das Naserümpfen von Saigonern über dunkle Menschen ist selbst in meiner Nachbarschaft zu sehen – bezieht sich häufig auf die „armen“ Kambodschaner(innen); die Witze über Kambodschaner ähneln Ostfriesenwitzen.

Es gibt selten „monokausale“ Verursachungen , aber viele Verschränkungen bei Vorurteilsbildung. Den geschichtlich-kulturellen Aspekt, von gebildeten Vietnamesen über die Kolonialzeit mit den französischen Afrikanern mir berichtet als ZUSÄTZLICHER Punkt zur ewig weiterlebenden „Vorurteilsbildung“ , auf keinen Fall als der einzige, aber ein besonders interessanter, findet sich irgendwo auch bei Scholl-Latour im „Tod im Reisfeld“ wieder. Ein zusätzlicher Aspekt ist noch zum Schmunzeln dabei :

die Afrikaner hatten große Hunde mit, die sie bei ihren Prügeleien gegen Vietnamesen einsetzten. Es gibt heute auch große Hunde in Haushalten von Vietnamesen. Aber große : nur wenige. Frag mal, was Vietnamesen in der Mehrzahl von großen Hunden halten.

Bitter bekamen es die von vietnamesischen Müttern geborenen dunkelhäutigen Kinder als Hinterlassenschaft farbiger GI’s zu spüren. Sehr bitter. In lockerer Form auch Thema im Musical „Miss Saigon“.

Was heute zu beobachten ist : In guter Kleidung, mit teurem Handy am Ohr, kommen am Abend die Schwarzen als Gruppe zu mir ins Bistro. Nigerianer, Kameruner. Na ja, irgendwo müssen meine andern Tischnachbarn, die netten Englischlehrer aus Australien, England, USA ja den süßlichen Stoff in ihren Zigaretten her haben. Ich hab keine Vorurteile ? Aber doch ! Ich auch. Ich pflege sie auch!

Freundliche Grüße, Catinat

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